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Portugal gerät in den Strudel

Von Hermann Sileitsch

Analysen

Es ist schon absurd: Alle Experten sind sich einig, dass die Ratingagenturen für die Finanzkrise zumindest mitverantwortlich sind. Sie hatten Unternehmen und Finanzprodukten, die bereits wertlos waren, weiterhin ihr Gütesiegel aufgedrückt - und damit Investoren rund um den Globus zum Kauf der Ramschpapiere verleitet. Selbst die Investmentbank Lehman Brothers durfte sich noch am 12. September 2008 mit Spitzenratings schmücken. Drei Tage später war sie bankrott.


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Obwohl die großen Drei, Standard&Poors, Fitch und Moodys, also selbst am Pranger stehen, schaut die Finanzwelt weiter wie gebannt auf ihre Noten. Das Fatale daran: Diese können eine unheilvolle Eigendynamik entwickeln. Just zu einem Zeitpunkt, wo hypernervöse Investoren sich Sorgen machen, ob die griechische Krankheit andere Euroländer anstecken könnte, kann so eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit eines Landes zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden.

Die Spirale, die Griechenland gepackt hat, beginnt sich auch für Portugal zu drehen: Wegen der hohen Schulden eines Landes senken die Agenturen ihre Noten. Investoren verkaufen panikartig Staatsanleihen oder häufen Kreditversicherungen an, um sich gegen Ausfälle zu wappnen. Dadurch werden die Zinsen hochgetrieben und die Verschuldungsprobleme noch gravierender. All das nährt bei den Investoren Zweifel, ob sich das Land weiter Geld auf dem Finanzmarkt borgen kann - neue Herabstufungen drohen. Irgendwann dreht sich diese Abwärtsspirale von selbst weiter. Dass der Schuldenberg und Finanzierungsbedarf der Portugiesen viel kleiner ist als jener der Griechen, wird dabei völlig übersehen.