Was haben Werner Faymann und Josef Pröll mit Fed-Chef Ben Bernanke und EZB-Präsident Jean-Claude Trichet gemeinsam? Alle vier sitzen an (unterschiedlich großen) Schalthebeln und haben keine Ahnung, wie es wirtschaftlich weitergeht. Wohin also den Hebel bewegen? Die Gefahr, dass sich die Welt in einer Depression befindet und der aktuelle Aufschwung nur ein Strohfeuer darstellt, ist real.
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Die führenden Notenbanker der Welt trafen sich - wie jedes Jahr - im Städtchen Jackson Hole, eine amerikanische Sommerfrische in den Rocky Mountains. Die Sorgenfalten im Gesicht der führenden Ökonomen übertrafen dabei die Falten der dortigen Felsen bei weitem. Denn dem Plus beim Wirtschaftswachstum steht in den USA kein Minus bei der Arbeitslosigkeit gegenüber. In Europa teilt sich der Kontinent, was die Arbeitslosigkeit betrifft - in Summe auch keine Verbesserung.
Der überall gepriesene Aufschwung, das allgemein ausgerufene Ende der Krise ist bloß Schimäre. Wenn der US-Notenbankchef erklärt, er werde alles tun, um die Wirtschaft zu stützen (also Geld drucken und US-Wertpapiere kaufen), ist das fein. Bisher hat es nicht viel gefruchtet. Und es wird das Problem nicht lösen. Die US-Niedrig-Zins-Politik beschädigt Japan. Sollte der Dollar wieder schwächer werden, würde das Europa treffen. China - mittlerweile die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt - schert sich um diese gegenseitigen Abhängigkeiten auch nicht. Jede Entscheidung der großen Wirtschaftsblöcke hat Auswirkungen auf die jeweils anderen, doch das bedenkt niemand.
Ist also jetzt Zeit, allgemeine Panik auszurufen? Mitnichten. Das kapitalistische System, wie wir es kennen, fährt gerade gegen die Wand. Die alten Rezepte - je höher das Wirtschaftswachstum, desto geringer die Arbeitslosigkeit - schmecken in den reichen Industriestaaten nicht mehr. China oder Brasilien tun sich leichter, weil ihr Aufholbedarf so enorm ist. Die USA, die EU und Japan müssen sich dagegen neu erfinden. Genau da liegt eine große Chance. Während Brasilien (siehe Amazonas-Kraftwerk) auf alte Gigantomanie setzt, kann Europa sein bisheriges System in Frage stellen. Und nur das ist Basis von Innovation, sprich: Erneuerung. Damit in den Industriestaaten eine neue Wirtschaftsordnung entsteht. Sie kann gerechter sein, und ein Vorbild.