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Innenpolitische Probleme vor EU-Anforderungen. | Istanbul. "Na, wie sieht es aus in Österreich?" fragt Sanem. "Ist die Zustimmung zu uns noch weiter gesunken?" Die junge Frau arbeitet in Istanbul für eine türkische Nichtregierungsorganisation, die in ihrem Land unter anderem Lobbying für die Europäische Union macht.
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Doch das sei angesichts der Skepsis in vielen westeuropäischen Ländern ob eines EU-Beitritts der Türkei nicht immer einfach. Und die niedrigste Zustimmung zu einer Mitgliedschaft der Türkei gibt es in Österreich. "Es ist manchmal schwierig, den Menschen die Vorzüge der EU zu erklären, wenn sie sich in der Union nicht gewollt fühlen", sagt Sanem. Dabei bestehen zwischen den Ländern schon jetzt zahlreiche Kontakte. Denn auf Urlaub in die Türkei fahren Österreicher gerne: Im Jahr 2006 waren es rund eine halbe Million Touristen. Auch die wirtschaftlichen Beziehungen werden ständig ausgebaut. Die österreichischen Exporte stiegen im Vorjahr um fast 12 Prozent auf knapp 945 Millionen Euro. Aus der Türkei importiert wurden Waren im Wert von rund 861 Millionen Euro.
Fischer besucht im Mai die Türkei
Auf diese Entwicklung verweist auch Außenministerin Ursula Plassnik im Vorfeld ihrer Türkei-Reise. Der zweitägige Besuch am Montag und Dienstag in Ankara sowie Istanbul - nicht zuletzt eine Vorbereitung auf den Staatsbesuch des Bundespräsidenten Heinz Fischer Mitte Mai - soll auch ein positives Signal an die Türkei aussenden. Die Türkei sei ein wichtiger Partner für Österreich und die EU, es gebe viele gemeinsame Interessen, betont denn auch Plassnik immer wieder. Wien mache keinesfalls eine antitürkische Politik.
Allerdings ist die Linie Österreichs seit Beginn der EU-Gespräche mit der Türkei im Oktober 2005 klar: Die Verhandlungen sollen "ergebnisoffen" geführt werden, ihre Konsequenz müsse nicht unbedingt die EU-Mitgliedschaft sein. Wie andere Länder auch fordert Österreich Reformen im Justizsystem, Festigung der Demokratie oder etwa Verbesserungen bei der Absicherung von Minderheitenrechten ein.
Für Ankara jedoch kommt eine "maßgeschneiderte Partnerschaft" - die etliche westeuropäische Länder lieber sähen - nicht in Frage. Offiziell will die Türkei über nichts anderes als einen EU-Beitritt verhandeln. Die dafür notwendigen Reformen treibe sie voran, erklärt die Regierung von Premier Recep Tayyip Erdogan.
Viel getan hat sich aber seit dem Herbst des Vorjahres nicht, als Erdogans Partei AKP bei der Parlamentswahl fast die Hälfte aller Stimmen erhalten hat. Im Moment hat sie auch mehr mit innenpolitischen Problemen zu kämpfen.