Zum Hauptinhalt springen

Post: Ein Streit, aber keine Krise

Von Walter Hämmerle

Analysen

Faymann und Pröll sehen die Koalition nicht gefährdet. | Paierl: Die Politik hat versagt. | Androsch: Der Staat muss zahlen. | Wien. In der Politik ist es wie im Theater: Aus der ersten Reihe schaut die Welt mitunter ganz anders aus. Das gilt derzeit ganz besonders für die Debatten rund um die Post.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

SPÖ-Chef Werner Faymann lädt die Schuld für die Malaise auf die Schultern von Management und Finanzminister Wilhelm Molterer. Letzterer habe viel zu lange alleine gehandelt, statt eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, wie die Post auf die Liberalisierung vorbereitet werden könne. Dass er im Gegenzug nun im Alleingang allfälligen Filialschließungen per Änderung der Universaldienstverordnung einen Riegel vorschob, rechtfertigte Faymann damit, dass es ja noch keine Regierung gebe. Hartnäckige Nachfragen nach der weiteren Vorgangsweise wies der Infrastrukturminister weg: "Da müssen Sie den Finanzminister fragen." Eines steht zumindest schon fest: An der Liberalisierung will auch Faymann nicht rütteln, der Rahmen, in dem sich die Post ab 2011 zu bewegen habe, "ist der liberalisierte Markt".

Faymanns Alleingang stößt wiederum der ÖVP sauer auf - "damit wird das Problem nur auf die lange Bank geschoben", erklärt ÖVP-Obmann Josef Pröll. Aber auch er will keinesfalls an der Versorgungsgarantie für ganz Österreich rütteln, diese gelte es vielmehr sicherzustellen. Zumindest in einem Punkt sind sich SPÖ und ÖVP einig: Keine der beiden ist gewillt, den Streit zur Koalitionsfrage hochzustilisieren.

Einen anderen Blick auf die Vorgänge hat Herbert Paierl, ehemals steirischer Wirtschaftslandesrat und nunmehr Präsident des Managementclubs. Er geht mit beiden Parteien hart ins Gericht und wirft ihnen "politische Versäumnisse" vor: Immerhin seien die Herausforderungen längst bekannt, weshalb "es auch einer werdenden Regierung nicht gut ansteht, dass sie sich so verhält, als ob sie gerade auf die Welt gekommen wäre". Dagegen gehöre es zur Aufgabe des Managements, sich auf Entwicklungen vorzubereiten.

Paierl will Gewinne Privater abschöpfen

Das ändert für Paierl aber nichts daran, dass die Politik über eine Änderung der Universaldienstverordnung eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen habe. Ziel müssten faire Rahmenbedingungen für alle Bewerber sein, weshalb sich Paierl sehr gut eine teilweise Gewinnabschöpfung privater Postdienstleister vorstellen kann. Diese Mittel könnten zur Finanzierung nicht marktfähiger Leistungen der Post herangezogen werden, so Paierl.

Für Ex-Finanzminister Hannes Androsch trägt der Eigentümervertreter, Finanzminister Molterer, die Hauptverantwortung für die jetzige verfahrene Situation: "Man kann nicht Unternehmen ausgliedern und an die Börse bringen und von diesen gleichzeitig verlangen, hoheitsrechtliche Aufgaben wahrzunehmen. Das war von Anfang an eine Mission impossible", erklärt Androsch.

Der rote Industrielle plädiert nun für eine klare ordnungspolitische Aufgabentrennung: "Wenn der Staat eine Leistung haben will, dann muss er dafür zahlen, sonst kann man es nicht von einem börsenotierten Unternehmen verlangen." Und: "Es müssen für alle die gleichen, streng marktwirtschaftlichen Wettbewerbsbedingungen gelten."