Schön wärs gewesen, die Vorstellung, dass die Prinzipien einer liberalen Demokratie Höhepunkt und Endpunkt zugleich einer Entwicklung hin zur Befreiung des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit darstellen.
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Wo den Regierenden klare Grenzen ihrer Macht gesetzt sind, durch eine unbestechliche Verfassung und Institutionen, die sich diesen Werten verpflichtet fühlen.
Die Realität spielt leider einen anderen Film. Hier betrachten es die Regierenden als ihre vorderste, wenn schon nicht vornehmste Aufgabe, die ihnen gewährte Zeit dazu zu verwenden, eine möglichst reibungslose Wiederwahl sicherzustellen. Zu diesem Zweck werden unbotmäßige Gegner zurechtgebogen oder eben, wenn es sich denn gar nichts anders geht, aus dem Weg geräumt. Rechtlich lässt sich das alles anstandslos bewerkstelligen. Aber nicht alles, was rechtlich zulässig ist, ist auch demokratiepolitisch akzeptabel.
In Ungarn, das im nächsten Halbjahr die EU-Präsidentschaft übernimmt, hat sich gerade eine mit überwältigender demokratischer Mehrheit ausgestattete Regierung die öffentlich-rechtliche Medienmaschinerie passend für die eigenen Zwecke hergerichtet. Aus dem Italien Silvio Berlusconis und dem Frankreich Nicolas Sarkozys kennt man solche Klage seit Jahren. Selbst in Deutschland wechseln Nachrichten- und Regierungssprecher mit beachtlicher Selbstverständlichkeit ihre Positionen.
Österreich hat in dieser Hinsicht keinen Grund, auf seine Nachbarn hochmütig herabzublicken. Der Kampf um die Vorherrschaft am Küniglberg gehört seit Anbeginn des ORF zu den vordringlichsten Anliegen aller Parteien. Und selbstredend ist auch der sogenannte private Zeitungsmarkt nicht vor Zugriffsversuchen der Politik geschützt. Mitunter lässt sich daraus sogar ein - stets prekäres, weil abhängiges - Geschäftsmodell kreieren.
Die Euphorie über den vorgeblichen Sieg des liberalen Demokratiemodells war leider vorschnell. Die Regierenden aller Herren Länder und Couleurs haben es lieber einfacher und übersichtlicher. Da wissen sie sich mit gar nicht so wenigen Bürgern einer Meinung. Kritik und Widerspruch sind dagegen mühsam und anstrengend, anschaffen geht schneller als überzeugen. Wenn man Politik den Mächtigen überlässt, ist das der vorgezeichnete Weg. Keineswegs nur in Ungarn.