Der neue Wiener SPÖ-Chef Michael Ludwig will die Stadtregierung umbauen. Die Gerüchteküche brodelt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Die Wiener Stadtregierung wird umgebildet und der frischgebackene Wiener SPÖ-Obmann Michael Ludwig biegt als designierter Bürgermeister in die Zielgerade. Er habe einen "Gesprächsmarathon" hinter sich, erklärte Ludwig am Freitag. Auch diese Woche stehen noch Gespräche mit Entscheidungsträgern an. Danach könnten erste Details zum bevorstehenden Postenkarussell offiziell werden. Das heizt die Gerüchteküche darüber an, wer kommen und wer gehen könnte.
Besonders im Fokus des bevorstehenden Regierungsumbaus stehen Vizebürgermeisterin und Finanzstadträtin Renate Brauner sowie Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger. Wobei sich bei ihnen gleichzeitig die Problematik zeigt, mit der Ludwig konfrontiert ist: Eine Ablöse Brauners wird in SPÖ-Kreisen als politisch motiviert verstanden. Sie ist "die" Vertraute von Noch-Bürgermeister Michael Häupl und wurde der Gruppe von Ludwigs Kontrahenten um die Wiener SPÖ-Spitze, Andreas Schieder, zugerechnet. Gerade diese politische Komponente macht den Fall Brauner besonders delikat. Denn, will Ludwig die Partei wie angekündigt einen, wird er auch jenen 43 Prozent Rechnung tragen müssen, die am Landesparteitag nicht für ihn gestimmt haben.
Sollte Brauner tatsächlich im Stadtsenat abgesägt werden, könnte sie als Zuckerl den Posten der Landtagspräsidentin erhalten, was auch ihre Unterstützer - nicht zuletzt die starke SPÖ-Frauengruppe - zufriedenstellen müsste. Der derzeitige Amtsinhaber, Harry Kopietz, würde damit etwas früher als geplant den Ruhestand antreten.
Frauenberger hingegen steht den Brandstellen der Stadt Wien schlechthin vor: Gesundheitswesen und Mindestsicherung. Zwar ist der Status quo kaum ihr Verschulden, dennoch ist damit zu rechnen, dass Ludwig in diesem Bereich mit einem neuen Gesicht an der Spitze grundlegend Ordnung schaffen will.
Als Idealbesetzung wird die ehemalige Gesundheitsministerin Joy Pamela Rendi-Wagner gehandelt. Als Medizinerin, Wissenschafterin und ehemalige Gesundheitsministerin passt sie wie der Topf auf den Deckel und wird dem Vernehmen nach regelrecht bedrängt, den Posten zu übernehmen. Allerdings dürfte Ludwig nicht der Einzige sein, der sich um Rendi-Wagner bemüht. Sie ist derzeit der Jolly Joker der SPÖ. Als massen- und medienwirksam eingestuft, wird sie angeblich auch für den Parlamentsklub gehandelt. Wobei sich zusätzlich noch die Frage stellt, wie sehr sie überhaupt gewillt ist, einen dieser Posten zu übernehmen.
Einerseits hat sie als Quereinsteigerin nicht jene Verpflichtung gegenüber der Partei, die ein in der Wolle gefärbter SPÖ-Funktionär hätte. Andererseits hätte Rendi-Wagner wohl auch kein Problem, jederzeit auch einen gut dotierten Job im Ausland zu erhalten und nebenbei wohl noch die Option in ihre frühere Funktion als Sektionschefin im Gesundheitsministerium zurückzukehren.
Auch als Stadträtin im Gespräch ist Gemeinderätin Kathrin Gaal. Mit der Tochter des ehemaligen Nationalratsabgeordneten Anton Gaal, der Mitglied im Eurofighter-Ausschuss und stellvertretender Landesparteivorsitzender der SPÖ Wien war, würde eine neue Vertreterin der Politdynastie die Bühne betreten. Gleichzeitig tritt jene von Andreas Schieder (Sohn des ehemaligen Umweltstadtrats und Nationalratsabgeordneten, Peter Schieder) und seiner Frau Sonja Wehsely (Frauenbergers Vorgängerin als Gesundheitsstadträtin und Schwester von Gemeinderätin Tanja Wehsely) ab.
Unterstützern in der Pflicht
Ludwig dürfte aber auch in der Pflicht stehen, die Gruppe um Ex-Bundeskanzler Werner Faymann und den Bezirk Liesing gerecht zu werden. Immerhin war diese eine seiner stärksten Unterstützerinnen. Hier wird Faymanns Frau, die Wiener Gemeinderätin Martina Ludwig-Faymann gehandelt. Wobei - abgesehen von der Symbolik - fraglich ist, ob sie überhaupt solche Karriereambitionen hat. Aber auch dem ehemaligen Landesparteisekretär Christian Deutsch werden gute Comeback-Chancen eingeräumt.
Bei der Frage, wer Ludwig anstelle Ludwigs werden könnte, sobald dieser nicht mehr Wohnbaustadtrat ist, sind abenteuerliche Konstrukte im Gespräch. Eines dürfte fix sein: Der als Nachfolger gehandelte Ex-Kanzleramtsminister Josef Ostermayer wird es nicht. Gerüchten zufolge ist ein Ressorttausch mit den Grünen im Gespräch. Diese hätten zwar gerne im Gegenzug für die Abgabe der Stadtplanung das Finanzressort, was von der SPÖ allerdings kategorisch ausgeschlossen wird. Stattdessen soll man sich in manchen SPÖ-Kreisen einen Tausch Wohnbau gegen Stadtplanung vorstellen können. Doch es gibt genügend SPÖ-Vertreter, die genau das für vollkommen absurd halten. Denn der Wohnbau, unter den die Gemeindebauten und der soziale Wohnbau fallen, sind ureigenstes rotes Feld. Informell gilt es sogar als wichtigstes Ressort, als jener Bereich, mit dem man Wahlen gewinnt. Vielleicht wird am Ende ein anderer Posten abgetauscht. Mit Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, die mit Heumarkt-Projekt und Lobautunnel genug Unannehmlichkeiten am Hals hat, sei ein Handel jedenfalls möglich, glaubt man in SPÖ-Kreisen.
Unangetastet von Spekulationen um das Postenkarussell scheint Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. Er habe sich geschickt verhalten, heißt es, sei jedermanns Freund und ausreichend tief "unter dem Radar geflogen". Gerade das soll ihm anderen Stimmen zufolge aber zum Verhängnis werden. Mangels starker Lobby sei er dafür prädestiniert, ausgetauscht zu werden.
Ähnlich verhält es sich auch bei den Spekulationen um Ulli Sima. Sie sei zu stark und zu präsent in den Medien, um abgesägt zu werden, sagen die einen. Die anderen wiederum meinen, dass sie - wie Mailath-Pokorny - über keine ausreichend starke Lobby verfüge, um sich weiter in der Regierung zu halten.
Ebenfalls Teil der Postenspekulationen ist die Nummer 1 der Administration in Wien: der Magistratsdirektor. Erich Hechtner wird wohl von Michael Ludwig durch einen eigenen Vertrauten ersetzt. Billig dürfte das aber nicht werden. Denn - darin sind sich Experten einig - dieser Tausch kann nur auf freiwilliger Basis erfolgen: Es handelt sich um keinen Politiker, sondern einen pragmatisierten Beamten. "Da wird es schnell blutig", erklärt ein Insider. Diesen Fall habe es bereits in Wels gegeben, wo der Abschuss der Magistratsdirektorin Renate Kamleithner zu einem jahrelangen Rechtsstreit, inklusive angeforderter psychiatrischer Gutachten, geführt habe.
Hechtner müsse wohl mit der Leitung einer zur Stadt Wien gehörigen ausgelagerten Abteilung ein Wechsel versüßt gemacht werden, heißt es.