Anspruch auf mindestens einen Tag pro Woche zur Stellensuche. | Nachweis über tatsächliche Suche nicht erforderlich. | Bei Auflösung im Einvernehmen auf Interessenslagenabstellen. | Wien. Freizeit während der Kündigungsfrist, um einen neuen Job zu finden - das ist wohl eines der unbekanntesten Rechte der Arbeitnehmer. Bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses steht der Arbeitnehmer zumeist vor dem Problem, dass er einen neuen Job suchen muss und dafür sowohl Zeit als auch Geld benötigt.
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Nach dem Gesetz hat er während der Kündigungsfrist pro Woche einen Anspruch auf Freizeit im Ausmaß von mindestens einem Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit und zwar unter Fortzahlung des Entgelts - vorausgesetzt er macht diesen Anspruch geltend.
Diese sogenannten Postensuchtage haben den Sinn, dem Arbeitnehmer ausreichend Möglichkeiten für die Suche einer neuen Arbeitsstelle zu geben. Einen Nachweis, dass man die Freizeit tatsächlich für die Postensuche genutzt hat, muss man allerdings nicht erbringen. Sollte der Arbeitnehmer für die Postensuche mehr Zeit benötigen, weil er zum Beispiel ein Vorstellungsgespräch hat, fällt dies unter Dienstverhinderung aus wichtigem Grund und löst für verhältnismäßig kurze Zeit ebenfalls einen Entgeltfortzahlungsanspruch aus - bei einem Vorstellungstermin etwa je nach Entfernung für einige Stunden.
Postensuchtage stehen nach dem Gesetzeswortlaut nur bei Dienstgeberkündigung zu, bei Dienstnehmerkündigung hingegen seit Inkrafttreten des Arbeitsrechts-Änderungsgesetzes 2000 nicht mehr. Strittig ist, ob ein Anspruch bei befristeten Arbeitsverträgen oder bei einvernehmlicher Auflösung mit Fristvereinbarung über den Weg der Analogie begründet werden kann.
Aus diversen Überlegungen zum gerechtfertigten und vergleichbaren Schutzbedürfnis zugunsten des Arbeitnehmers folgt, dass diesem in befristeten Arbeitsverhältnissen ein Anspruch auf Postensuchtage während der fiktiven Arbeitgeber-Kündigungsfrist zusteht, falls der Arbeitgeber die Befristung ausbedungen hat. Wenn der Arbeitgeber allerdings die Nichtverlängerungsabsicht klar und wiederholt gegenüber dem Arbeitnehmer erklärt hat, hat dieser keinen Anspruch auf Postensuchtage. Auch bei vereinbarter Kündigungsmöglichkeit im befristeten Arbeitsverhältnis steht die bezahlte Freizeit zu, wenn die Kündigung durch den Dienstgeber erfolgt ist.
Kein Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers
Bei einvernehmlicher Auflösung besteht der Anspruch hingegen nicht. Hier spricht wesentlich mehr dafür, dass der Arbeitnehmer die Freizeit während der einvernehmlich vereinbarten Frist nicht benötigt, weil der Aufhebungsvertrag ja mit seiner Zustimmung zustande kommt. Ausnahmen davon kann es geben, wenn die Auflösung eindeutig im Interesse des Dienstgebers liegt und der Arbeitnehmer die Zustimmung faktisch nicht verwehren kann.
Das wäre etwa der Fall, wenn es bei der einvernehmlichen Auflösung gleichzeitig zu einer Wiedereinstellungszusage kommt, was in erster Linie bei Saisonbetrieben häufig vorkommt. Hier gerät der Arbeitnehmer nämlich unter stärkeren Druck, der einvernehmlichen Auflösung zuzustimmen, um seinen Arbeitsplatz später wieder zu erhalten.
Bei Austritt, Entlassung oder Beendigung während der Probezeit gibt es keinen Anspruch auf Postensuchtage.
Strittig ist, ob der Kollektivvertrag sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Arbeitnehmers abweichende Regelungen treffen kann. Das scheint allerdings aufgrund systematisch-logischer Interpretation der relevanten Gesetzesstellen wahrscheinlich.
Der Autor ist Universitätsassistent am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien. Ein ausführlicher Beitrag zu dem Thema erscheint auch in der "Arbeits- und Sozialrechtskartei" des Linde Verlags.