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Ägyptologin Wafaa El-Saddik: "Dass die Grabkammer der Nofretete gefunden wurde, halte ich für unwahrscheinlich."
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Luxor/Wien. Es gibt nur wenige Menschen, die 3300 Jahre nach ihrem Tod immer noch hohe Aufmerksamkeit erregen. Nofretete gehört in jedem Fall zu ihnen. Die Ehefrau und Mitregentin von König Echnaton ist weltberühmt. Doch wo liegt ihre Mumie? Auf Information dazu warteten am Freitag Journalisten aus aller Welt in Luxor. Doch aus der angekündigten Pressekonferenz wurde nichts.
Die unversehrte Grabkammer der bedeutenden Königin zu finden, wäre eine beispiellose Sensation - noch größer als jene des Grabs des jungen, politisch unbedarften Königs Tutanchamun. Mit einer solchen Entdeckung könnte Ägypten den Tourismus wieder ankurbeln. Die These, die im Vorjahr erstmals von dem britischen Archäologen Nicholas Reeves formuliert wurde, stützt sich vorerst aber nur auf Radaranalysen. Der japanische Archäologe Hirokatsu Watanabe hat die Wände der Grabkammer des Tutanchamun durchleuchtet und vermutet eine zweite Kammer hinter den Wandbemalungen.
Ursprünglich war angekündigt, dass am Freitag über Erkenntnisse aus neuen Aufnahmen informiert werden solle. Stattdessen vertröstete der neue ägyptische Antikenminister Khaled al-Anani Freitagnachmittag in Luxor: "Nichts wird vor der Untersuchung der Scans bekanntgegeben, um wissenschaftliche Glaubwürdigkeit sicherzustellen." Er verwies auf ein Symposium im Mai, in dem Experten über weitere Schritte beraten sollen. Vorerst ist nur gesichert, dass hinter Tutanchamuns Grab zwei weitere Hohlräume liegen.
Heimische Experten bezweifeln, dass dort die Mumie der Nofretete liegt. Anders als die Forscher in Luxor bekanntgegeben hatten, würden Radaranalysen keinen Aufschluss über das Vorhandensein von organischem Material geben, sagen sie. Außerdem würden sich die Methoden der archäologischen Prospektion eher zur Vermessung von Strukturen im Boden eignen, weil die Strukturen im Untergrund die Strahlen direkt reflektieren, und das ermögliche klare Aussagen. Im Hohlraum sei das nicht der Fall. Um zu erfahren, was wirklich in der Kammer ist, müsse man die Wand anbohren.
"Ich würde mich sehr freuen, wenn etwas gefunden wird, das wäre gut für Ägypten. Ich halte es aber für unwahrscheinlich", sagt Wafaa El-Saddik zur "Wiener Zeitung". Die ehemalige Direktorin des Ägyptischen Museums in Kairo ist eine ausgewiesene Kennerin des Tals der Könige. "Die alten Ägypter haben in Feldern Gräber für den Pharao gebaut, während dieser noch auf dem Thron saß. Je länger er lebte, desto größer wurde das Grab", erklärt sie: "Bei Tutanchamun stellt sich die Frage, ob sein Grab für jemand anderen gebaut wurde, denn es ist groß für einen so jungen König. Man vermutet, dass die Grabkammer innerhalb von 70 Tagen sehr schnell bemalt wurde. Andere Räume wurden mit Grabbeigaben gefüllt und der Rest der Räume schnell zugemauert, damit es sich bis zum Begräbnis ausgeht." Das Vorhandensein von zusätzlichen Kammern erscheint somit plausibel, aber das heißt noch lange nicht, dass Nofretete dort begraben ist. El-Saddik hält es für wahrscheinlicher, dass es sich um Depots für Mumifizierungsmaterial, Töpfe oder Särge handelt. "Es ist außerdem völlig unüblich, eine Pharaonin neben ihrem Schwieger- und Stiefsohn zu begraben, anstatt bei ihrem Mann oder in einem eigenen Grab", betont die Ägyptologin.
Die Gebeine der Pharaonin
Nofretete und Echnaton verehrten Aton, den Sonnengott. Üblicherweise wurden seine Anhänger gegen Osten begraben. Das Grab des Tutanchamun, der Echnaton und Nofretete auf dem Thron folgte und den Mehrgottglauben wiedereinführte, ist aber nach Westen ausgerichtet.
"Im Tal der Könige wurde 1907 ein einfaches Grab mit Grabbeigaben aus Echnatons Zeit und einem Sarg mit einem Skelett gefunden, das heute im Ägyptischen Musesum liegt", weiß El-Saddik zu berichten: "Die Untersuchungen ergaben, dass es sich um Echnatons Knochen handelt. Wenn Tutachnamun die Gebeine seines Vaters von Amarna geholt hat, warum sollte er mit seiner Stief- und Schwiegermutter nicht das Gleiche im gleichen Grab tun?", postuliert sie: "Ich bezweifle, dass es eine Mumie der Nofretete gibt." Vielmehr könnte die Königin heute Gebein sein.