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Prag entschuldigt sich bei deutschen Antifaschisten

Von unserer Korrespondentin Alexandra Klausmann, Prag

Europaarchiv

Das tschechische Parlament hat einen Vorschlag der Regierung gebilligt, wonach sudetendeutsche Antifaschisten, die nach 1945 vertrieben oder benachteiligt worden waren, rehabilitiert werden. Eine finanzielle Entschädigung wird es nicht geben. Tschechien ist damit offiziell von der These abgerückt, wonach die deutsche Minderheit kollektiv für die Zerschlagung der Tschechoslowakei durch Adolf Hitler verantwortlich war.


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Man werde das Unrecht gegenüber jenen deutschen Antifaschisten wieder gutmachen, "die der Tschechoslowakischen Republik treu geblieben sind", so Tschechiens Premier Ji ø i Paroubek. Geschehen wird dies über eine symbolische Geste, die für alle Betroffenen, unabhängig ihrer Staatsangehörigkeit und ihres Aufenthaltsortes, gilt.

Der Vorschlag zu dem in Tschechien höchst umstrittenen Schritt stammt von Premier Paroubek selbst. Am Mittwoch wurde die Initiative vom Prager Unterhaus angenommen. Die Delegierten hielten ausdrücklich fest, dass es sich nicht um eine finanzielle Entschädigung handeln wird. Anstelle dessen plant die Regierungskoalition, rund eine Million Euro zur Erforschung der Schicksale und Lebensläufe sudetendeutscher Antifaschisten bereitzustellen.

Präsident Vaclav Klaus und Opposition gegen Geste

Der Regierungsvorschlag wurde von einer Mehrheit aus sozialdemokratischen und kommunistischen Abgeordneten unterstützt. Dagegen stimmten die Vertreter der bürgerlichen Opposition ODS. Sie, ebenso wie ihr Ehrenvorsitzender, Präsident Vaclav Klaus, befürchten, dass die Geste zu weiteren Forderungen Sudetendeutscher gegenüber dem tschechischen Staat führen könnte.

Die Entschuldigung soll jenen Sudetendeutschen gelten, die nach dem Einmarsch deutscher Truppen 1938 und 1939 gegen die Besatzung aktiv wurden. Die Geste richtet sich auch an auch Nicht-Vertriebene: 239.911 Deutsche durften nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in der Tschechoslowakei bleiben, waren aber trotzdem von den Bene-Dekreten betroffen. Sie wurden enteignet, als staatenlos erklärt und mussten Arbeitsdienst leisten, wobei ihnen ein Fünftel des Lohns als eine Art Wiederaufbauzuschlag vom Staat abgezogen wurde.