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Prag: Hindernislauf statt Duell

Von WZ-Korrespondentin Alexandra Klausmann

Europaarchiv

Uneinigkeit auf der Prager Burg: Geheime oder doch offene Wahl. | Parteien-Kalkül im Vordergrund. | Prag. Hart umkämpft war am Freitag nicht nur die Wahl des tschechischen Präsidenten sondern zunächst vor allem das Verfahren der Abstimmung.


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Bevor die 200 Mitglieder des Abgeordnetenhauses und die 81 Senatoren dazu kamen, ihre Stimmen für oder gegen die Kandidaten Vaclav Klaus oder Jan Svejnar abzugeben, wurde heftig gestritten. Denn während die regierende Bürgerpartei (ODS), deren Ehrenvorsitzender der amtierende Präsident Vaclav Klaus ist, auf eine geheime Wahl besteht, beharrt das Lager um Gegenkandidat Jan Svejnar auf eine öffentliche Abstimmung. Svejnars Gefolge fürchtet, eine geheime Wahl könne durch intransparente Abmachungen hinter den Kulissen beeinflusst werden, wie der Chef der Grünen, Martin Bursik, kundtut. "Unter anderem habe ich im November 1989 auch für ein geheimes Wahlrecht demonstriert", macht sich der tschechische Innenminister Ivan Langer für eine geheime Stimmabgabe stark.

Die 26 Abgeordneten der Kommunisten indes würden am liebsten einen zweiten Wahlgang sehen. Weder Klaus noch Svejnar seien ihre Kandidaten, sagte der Vorsitzende der KP, Vojtech Filip. "Eine Schande", kommentierte die Tageszeitung Mlada Fronta Dnes bereits den Kampf um den Prager Hradschin. Bei all diesem Geplänkel um geheime oder öffentliche Abstimmung könnte fast der Zweck der Versammlung in den Hintergrund geraten: die Wahl eines neuen Staatsoberhauptes. "Mein Stil ist Offenheit, Teamarbeit, die Bereitschaft zuzuhören und der Glaube in Dialog und Verständigung", sagte Jan Svejnar in seiner Rede gegenüber seinen Wahlmännern.

Ein kleiner Angriff auf Klaus, dem gerne monarchistische Tendenzen vorgeworfen werden. Klaus indes erklärte, er werde auch weiterhin ein überparteilicher Präsident bleiben. "Unser Land entwickelt sich in die richtige Richtung." Er wolle ein Garant sein, dass es auch so weitergehe.

Der Verlierer steht fest

Wer auch immer der Gewinner der Wahlen sein wird, der Verlierer steht jedenfalls schon fest: Ministerpräsident Mirek Topolanek. Eine Niederlage von Klaus wird ihm angekreidet werden, ein Sieg würde ihn in ebenso arge Bedrängnis bringen. Denn innerhalb der ODS brodelt es, nicht wenige sind mit Topolaneks Führung unzufrieden. Fehlende Rasanz und mangelnde Kommunikation werfen dem Regierungschef seine parteiinternen Kritiker vor, allen voran der smarte Prager Oberbürgermeister Pavel Bem.

Der gefährlichste Gegner des Regierungschefs ist allerdings der Präsident selbst. "Klaus glaubt, Topolanek habe ihm seine ODS geklaut", meint der Politologe Jiri Pehe. Im Falle einer Wiederwahl werde er mit Hilfe von Bem die Partei zurückerobern wollen, glaubt Pehe. Für den ExBerater von Vaclav Havel steht fest: "Topolanek ist in einer no-win-situation."