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Mehr als Au Pair oder Pflanzen gießen. | Fast alle Studien-Richtungen vertreten. | Bamberg. Schnell studieren, schnell mit dem Arbeiten anfangen - und dazwischen Praktika absolvieren, um den Lebenslauf aufzufetten. Wenn man alles so macht, wie es die Unternehmen angeblich haben wollen, gibt es wenig Zeit für ausgedehnte Reisen. Die Welt kann man ja auch als Rentner sehen. Oder man absolviert die Praktika im Ausland.
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Die an sich gute Idee scheitert oft an Sprachbarrieren (so man sich nicht das deutschsprachige Ausland sucht) oder an dem mangelnden Wissen, welche Unternehmen Praktikanten aufnehmen. Oder daran, dass kaum Unternehmen bereit sind, aus der Ferne einen Praktikanten einzustellen. Für ein bloßes Vorstellungsgespräch nach Shanghai zu fliegen, dafür ist das Geld von Studenten im Normalfall dann doch zu knapp.
Dirk Schuhmacher aus Bamberg kennt das Problem. Während seines Wirtschaftsrechtsstudiums ist er nach Ecuador geflogen, um sich ein Praktikum zu suchen. Seine Chancen standen denkbar schlecht: Er hatte sich weder im Vorfeld darum gekümmert, noch konnte er die Sprache. "Durch Zufall habe ich eine Ecuadorianerin beim Salsa-Tanzen kennen gelernt, die genau in dem Bereich gearbeitet hat, in den ich auch wollte: zu einem Nachrichtensender. Und so habe ich tatsächlich ein Praktikum bekommen", erzählt der 34-Jährige. Und da kam die Idee: "Ich hatte in Deutschland so viele Freunde, die von einem Praktikum in Südamerika träumen, aber keinen Plan hatten, wie sie das anstellen sollten. Dadurch, dass ich schon einen Kontakt vor Ort hatte, konnte ich ihnen zumindest in Ecuador etwas vermitteln."
Und nicht nur seine Freunde wollten so ein Praktikum haben - durch Mundpropaganda sind die Anfragen immer mehr geworden. Seit 2002 hat Schuhmachers Projekt einen Namen - die "OLE Praktikumsbörse" - und seine Kanäle sind erweitert und institutionalisiert worden.
Vergangenes Jahr hat er rund 100 Stellen vermittelt. Und es werden ständig mehr. Das Angebot richtet sich inzwischen sowohl an Studenten als auch Absolventen von fast allen Studienrichtungen. Ecuador selbst ist längst nicht die einzige Anlaufstelle. Neben Peru, Chile und Argentinien wurde 2005 auch eine Vermittlungsstelle in Shanghai aufgebaut. "Nach Südamerika gehen vor allem angehende Mediziner, Kulturwissenschaftler und Soziologen, Shanghai lockt hingegen eher mit Banken, Rechtsanwälten und Marketing-Büros." Australien ist in Arbeit: Momentan versucht Schuhmacher, Strukturen in Melbourne herzustellen. "Das wird wohl eher wirtschaftslastig. Allerdings regelt auch die Nachfrage das Angebot."
Jede Praktikumsanfrage wird individuell behandelt - "und es kann schon sehr schwierig sein, die Bedürfnisse der Studenten und jene des Unternehmens zu vereinbaren", so Schuhmacher. Viele der Studenten möchten nur für die Dauer von zwei bis hin zu vier Monaten ein Praktikum absolvieren, während die Unternehmen es lieber sehen, wenn die Studenten ein halbes Jahr im Unternehmen tätig sind. "Es gibt aber kaum Studenten, die sechs Monate Zeit haben, schon allein wegen des Bologna-Prozesses", erklärt Schumacher. Denn die europäische Vereinbarung verkürzt alte Studienpläne auf ein gerafftes Minimum - ein Bachelor sollte nur drei Jahre dauern. Schuhmacher empfiehlt seinen Kunden allerdings, sich zumindestens drei Monate Zeit zu nehmen, auch wenn sich die Unternehmen aus alter Freundschaft teilweise auf eine geringere Zeitdauer einlassen - dafür gibt es aber keine Garantie.
Mitarbeiter vor Ort
Doch ansonsten nehmen Schumacher und seine Mitarbeiter vor Ort den Studenten beinahe alle Sorgen ab. Das Netz der Praktikumsbörse erstreckt sich von ausgewählten Gastfamilien in Südamerika über Wohnungen in Shanghai bis hin zu Sprachschulen - ein Service, den man annehmen kann, oder auch nicht. Viele greifen aus Pragmatismus darauf zurück: Wenn das lästige Suchen wegfällt, bleibt mehr Zeit, sich das Land anzusehen.
Der Praktikums-Dealer Schuhmacher hat für dieses Jahr noch einiges vor: "Ich bin gerade dabei, eine Anlaufstelle für amerikanische Studenten in New York zu eröffnen. Momentan werde ich ja vor allem von Personen aus Deutschland oder Österreich kontaktiert. Aber ich möchte das Angebot auch anderen Studenten zugänglich machen."
www.ole-praktikumsboerse.de