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Praktikum ist nicht gleich Praktikum

Von Remo Sacherer

Wirtschaft
Remo Sacherer

Urlaubsvertretung mit fixen Arbeitszeiten und vorgegebenen Arbeitsabläufen ist normales Arbeitsverhältnis.


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Praktika sind in der heißen Jahreszeit en vogue: Schüler und Studierende nutzen die Sommermonate häufig, um ihr Taschengeld aufzubessern oder erste Berufserfahrungen zu sammeln. Unternehmen setzen Praktikanten gerne als kostengünstige Urlaubsvertretung ein. Doch Vorsicht, Praktikum ist nicht gleich Praktikum.

Wird ein "Praktikant" nämlich als Urlaubsvertretung mit fixen Arbeitszeiten und vorgegebenen Arbeitsabläufen im Unternehmen eingesetzt, liegt in der Regel kein echtes Praktikum vor. Tatsächlich handelt es sich bei diesem "Ferialjob" um ein normales, meist befristetes Arbeitsverhältnis. Der Ferialarbeitnehmer ist nach dem anwendbaren Kollektivvertrag wie ein regulärer Mitarbeiter zu entlohnen und unterliegt dem vollen Schutz des Arbeitsrechts. Insbesondere hat er daher Anspruch auf Urlaub, aliquote Sonderzahlungen sowie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Ganz anders ist die Situation beim echten Praktikum. Besteht aufgrund von Ausbildungsvorschriften für Schüler oder Studierende eine Verpflichtung, praktische Erfahrung in einem Unternehmen zu sammeln, begründet dies kein Arbeitsverhältnis. Dies setzt aber voraus, dass keine Arbeitspflicht, keine Weisungs- und Kontrollunterworfenheit und auch keine organisatorische Eingliederung des Praktikanten im Betrieb bestehen. Ähnlich ist die Situation bei Volontariaten. Auch bei Volontären steht der Lern- und Ausbildungszweck im Vordergrund und nicht die Arbeitsleistung. Das Volontariat ist daher ebenfalls durch einen großen Freiraum für die Volontäre bei der Arbeit gekennzeichnet.

Insbesondere muss der Volontär die Möglichkeit haben, in unterschiedlichen Abteilungen des Unternehmens zu "schnuppern".

Arbeitsrechtliche Bestimmungen kommen bei Ausbildungsverhältnissen - mit Ausnahme von Arbeitnehmerschutzbestimmungen - nicht zur Anwendung. In der Regel gelten auch keine Kollektivverträge, weshalb ohne gesonderte Vereinbarung keine Entlohnung gebührt. Nur vereinzelt regeln Kollektivverträge eine geringe Entlohnung für Pflichtpraktikanten.

Aufgrund der fehlenden Arbeitsverpflichtung und nicht erlaubten organisatorischen Einbindung von Pflichtpraktikanten und Volontären in den Betrieb kommen diese als Urlaubsvertretung grundsätzlich nicht in Frage. Werden sie dennoch zu Vertretungszwecken herangezogen, wird dadurch in der Regel ein echtes Arbeitsverhältnis begründet. Dies mit der Konsequenz, dass das Unternehmen Entgelte und Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen muss.

Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollte die vertragliche Situation klar geregelt werden und ist darauf zu achten, dass Personen in Ausbildungsverhältnissen nicht wie "normale" Mitarbeiter eingesetzt werden.

Remo Sacherer ist Rechtsanwalt und Partner in der Kanzlei MOSATI Rechtsanwälte, www.mosati.at.