Bonussysteme sind als Ersatz für Führungsschwäche nicht geeignet. | Rechtsanspruch ab dritter Auszahlung. | Wien. Wie sehr motiviert Geld? Nicht viel, glaubt Wilhelm Hübner, ehemaliger Personalleiter des Automobilteil-Herstellers Magna. Deshalb sei es ein Trugschluss, davon auszugehen, dass Mitarbeiter, die neben ihrem fixen Gehalt auch noch Prämien für die Erreichung bestimmter Ziele bekommen, produktiver seien als Mitarbeiter, die nur ein Fixum bekommen. "Lediglich manche Arbeitnehmer lassen sich rein mit finanziellen Anreizen motivieren. Und das funktioniert meistens nur kurzfristig", behauptet Hübner gegenüber der "Wiener Zeitung".
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Doch letztlich hänge die Produktivität des Mitarbeiters von dessen Persönlichkeit und vom Führungsstil des Unternehmens ab. Dieser Ansicht ist auch Vera Futter-Mehringer, Personalchefin des Glückspiel-Konzerns Novomatic. Im Lauf ihrer Karriere war sie sowohl in Unternehmen tätig, in denen es keine Prämiensysteme für Mitarbeiter gab, als auch in Unternehmen, in denen besonderer Fleiß mit einem Bonus belohnt wurde. "Wenn die Führung stimmt, gibt es keine Unterschiede", erzählt sie.
Beide Personalexperten warnen daher davor, Prämiensysteme für die Belegschaft einzuführen, um eine mangelnde Führung zu ersetzen. Das würde nicht funktionieren. Hinter Bonuszahlungen müsse immer eine klare Unternehmensstrategie stehen, die man auch auf die unteren Ebenen herunterbrechen kann. "Die Mitarbeiter können so in den Zielerfassungsprozess mit einbezogen werden. Sie fühlen sich dann auch mehr dafür verantwortlich", erklärt Hübner.
Laut dem Personalexperten solle man sich aber gut überlegen, für welche Mitarbeiter ein Prämiensystem überhaupt geeignet ist. Im Vertrieb etwa sei es leicht und auch zweckmäßig, die Entlohnung an die Verkaufszahlen zu knüpfen. In Buchhaltungsabteilungen hingegen wäre die Einführung eines Prämiensystems schon wieder schwieriger. Denn wie legt man hier die Ziele fest?
Üblicherweise machen Bonuszahlungen an Mitarbeiter nur einen relativ kleinen Teil des Gehalts aus. "Der überwiegende Teil ist ein fixes Gehalt, der variable Anteil beträgt generell in etwa fünf bis zehn Prozent", sagt Futter-Mehringer. Ganz anders würde es bei den Vergütungen für die obere Managementebene aussehen. "Da kann der variable Anteil schon 35 bis 50 Prozent ausmachen." Laut Hübner enthält das Gehalt von Vorständen überhaupt nur ein "ganz, ganz geringes Fixum von etwa zehn Prozent" - die restliche Vergütung würde vom Erfolg abhängen.
Streit in Krisenzeiten
Doch wie kann man feststellen, ob die Voraussetzungen für die Prämienauszahlung gegeben sind? Futter-Mehringer empfiehlt, jedenfalls ein computerunterstütztes System zur Kontrolle der Zielerreichung einzusetzen. Sind die für die Mitarbeiter gesteckten Ziele an Finanzzahlen gekoppelt, sei es wenig problematisch: Werden diese Zahlen nicht erreicht, gibt es auch keine Prämie.
Schwieriger wird es bei Zielvereinbarungen im operativen Bereich - wenn zum Beispiel ein EDV-System umgesetzt werden soll. Da kann es laut Hübner schon das eine oder andere Mal zu Streitigkeiten bei der Prämienauszahlung kommen. "Hier sieht man die Grenzen solcher Prämiensysteme: Wenn sich am Ende die Frage stellt, was ausgezahlt werden soll", sagt er.
Unklarheiten tauchen auch auf, wenn äußere Umstände wie etwa aktuell die Finanzkrise die Zielerreichung verhindern. Futter-Mehringer rät daher, in den Vereinbarungen solche Fälle so gut wie möglich zu regeln. Sinnvoll sei auch, Zwischenziele zu vereinbaren, nach deren Erreichung man die Richtung noch einmal korrigieren könnte.
"Zielvereinbarungen sind in der Regel auf ein Jahr ausgerichtet. Da kann viel passieren, es können ja auch andere Prioritäten gesetzt werden", erklärt Hübner.
Ist einmal ein Prämiensystem eingeführt, wird man es laut Futter-Mehringer nur schwer wieder los. Denn bei schlechter arbeitsrechtlicher Verankerung können die Mitarbeiter nach dem dritten Mal der Auszahlung einen Rechtsanspruch erwerben.
"Der Rechtsanspruch bezieht sich aber nur auf das Prämiensystem, nicht auf eine bestimmte Prämienhöhe", erklärt die Personalchefin. "In schlechten Zeiten kann die Prämie daher auch null sein."