Bei der Stichwahl am 3. Februar um das Amt des serbischen Präsidenten kommt es zu einer Neuauflage des Duells zwischen Boris Tadic und Tomislav Nikolic. Beide Politiker sind einander bereits im Jahr 2004 gegenübergestanden. Auch damals führte der Ultranationalist Nikolic nach der ersten Runde, während Tadic schließlich klar gewann. Doch so zum Greifen nah wie jetzt war der Sieg für Nikolic noch nie.
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Er erzielte am Sonntag knapp 40 Prozent der Stimmen. Auch für die Stichwahl setzt der Herausforderer auf Armut, Arbeitslosigkeit, Korruption und Kriminalität als zentrale Themen. Nikolics Ziel ist es, seine außenpolitische Schwäche zu kaschieren. Sein Wahlkampfmotto lautet nun: "Serbien aus ganzem Herzen". Der Ultranationalist setzt somit klar auf die Innenpolitik, auf die Unzufriedenheit vieler Serben. Er wird weiterhin sehr gemäßigt auftreten und seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit anderen Ländern und auch der EU dokumentieren, sofern diese auf die Unabhängigkeit des Kosovo verzichtet.
Für einen Sieg benötigt Nikolic eine hohe Wahlbeteiligung, die Stimmen jener, die beim ersten Wahlgang für den Kandidaten der Milosevic-Sozialisten gestimmt haben, und einen Teil der nationalkonservativen Wähler, deren Vertreter ebenfalls am Sonntag ausgeschieden ist. Nikolic erreichte im ersten Durchgang 1,6 Millionen Stimmen, der Bewerber der Sozialisten 245.000. Kann Nikolic diese Stimmen auf sich vereinen, dann kommt er fast auf 1,9 Millionen, eine Marke, die Boris Tadic nur schwer erreichen kann, denn die Wahlbeteiligung war mit 60 Prozent bereits am Sonntag sehr hoch.
Die thematische Schwäche des amtierenden Präsidenten liegt auf dem Feld der Innenpolitik. Tadic setzt daher nun voll auf das EU-Thema. Noch in der Wahlnacht wurden seine neuen Plakate im Land verteilt. Die Botschaft darauf lautet: "Gemeinsam erobern wir Europa." Tadic erreichte im ersten Durchgang 1,45 Millionen Stimmen und liegt somit um 170.000 Stimmen hinter Nikolic zurück.
Um seinen Herausforderer zu schlagen, braucht er die Unterstützung der Liberalen (230.000), der Minderheiten (100.000) und die meisten jener Wähler, die am Sonntag für einen nationalkonservativen Kandidaten stimmten (310.000). Tadics Problem liegt darin, dass er diese Wähler direkt mobilisieren muss, weil deren Kandidaten kaum zu bedingungsloser Unterstützung bereit sein werden.
Zu erwarten ist auch, dass Tadic versuchen wird, Nikolic mit seinem Vorsitzenden Vojislav Seselj gleichzusetzen, der als Angeklagter vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag sitzt.
Der Wahlkampf in Serbien dürfte nun schmutziger und härter werden; Einfluss auf die Unentschlossenen könnte auch das geplante TV-Duell haben. Sicher ist derzeit nur, dass es für Amtsinhaber Tadic sehr knapp wird.