Fünf EU-Spitzenvertreter legen ihre Vorschläge zur Stärkung der Währungsunion dar.
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Brüssel. Ein dickes Konvolut sollte es nicht werden. Nicht einmal eineinhalb Dutzend Seiten brauchen die Spitzenvertreter der EU, um ihre Vorschläge zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion zu präsentieren. Im "Bericht der fünf Präsidenten" legen die Vorsitzenden von EU-Kommission, EU-Rat, Eurogruppe, Europäischer Zentralbank (EZB) sowie EU-Parlament, Jean-Claude Juncker, Donald Tusk, Jeroen Dijsselbloem, Mario Draghi sowie Martin Schulz dar, wie sie den Euroraum gestärkt sehen möchten. Bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag und Freitag sollen die Staats- und Regierungschefs der Union darüber beraten.
Die Debatte um eine solide Grundlage für die Währungsgemeinschaft läuft bereits seit Jahren, und etliche Maßnahmen dafür sind schon eingeleitet. Sie fließen sowohl in das sogenannte europäische Semester ein, das die Mitgliedstaaten zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin anhalten soll, als auch in die Regelungen der Bankenunion, die Geldhäusern striktere Vorschriften auferlegt.
Allerdings seien weitere Schritte nötig, befinden die Autoren des Berichts. Dieser wartet trotz seines sperrigen Sprachstils mit Bildern auf wie dem von der Währungsunion als Haus, dessen Mauern und Dach "mitten im Sturm" rasch befestigt werden mussten. Dazu, wie nun die übrigen Bauteile zu fixieren sind, liefert das Dokument teils bekannte - aber noch nicht umgesetzte - Ideen und teils ambitionierte weiterführende Vorschläge. Deren Umsetzbarkeit wiederum wegen des zu erwartenden Widerspruchs aus so mancher Hauptstadt fraglich bleibt.
Ein Beispiel dafür ist die Schaffung einer einheitlichen Einlagensicherung, die neben dem europäischen Aufsichts- sowie Abwicklungssystem für die Geldinstitute die dritte Säule der Bankenunion bilden soll. Eine Einigung darauf wünschen sich die EU-Institutionen in den kommenden zwei Jahren. Aus Deutschland kam aber bereits Kritik: Dort gibt es Befürchtungen, dass die Kredithäuser ihre Finanzmittel für die Krisenbewältigung in anderen Ländern zur Verfügung stellen müssten.
Eigenes Euroraum-Budget?
Ebenso schwierig zu realisieren dürfte das Vorhaben sein, die "Koordinierung der Wirtschaftspolitik" zu stärken. Dahinter steckt nämlich die Überlegung, EU-Regeln zu schaffen, die für alle Staaten verbindlich wären, was wiederum die Souveränität der Regierungen einschränken würde. Und diese würden dies nicht so einfach akzeptieren. Die nationale Kompetenz bei der Budgeterstellung soll den Ländern zwar nicht genommen werden, doch können sich die fünf Präsidenten "gemeinsame strenge Standards" in einigen Bereichen vorstellen: auf den Arbeitsmärkten bei der Verzahnung der Sozialsysteme etwa, bei den Rahmenbedingungen für Unternehmen oder bei einigen Aspekten der Steuerpolitik, wo beispielsweise eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer zur Diskussion steht.
Nicht unumstritten ist ebenfalls eine Idee, die bereits mehrfach unter wechselnden Bezeichnungen lanciert wurde: die Einrichtung eines eigenen Budgets für die Eurozone. Im Präsidenten-Papier ist nun von einer "Funktion zur fiskalischen Stabilisierung des Euroraumes" die Rede. Das soll dazu dienen, makroökonomische Schocks abzufedern ohne allerdings dauerhafte Transferleistungen zwischen den Ländern zu etablieren. Die finanzielle Unterstützung im Notfall soll nicht zuletzt daran geknüpft sein, dass die Staaten an notwendigen Reformen festhalten.
Trotz der möglichen Widerstände lässt sich die erste Phase der EU-Pläne in den kommenden zwei Jahren wohl leichter umsetzen als die zweite Stufe, die bis zum Jahr 2025 erreicht sein soll und für die mühselige Änderungen der EU-Verträge nötig sein könnten. Zunächst einmal geht es nämlich um eine Stärkung des europäischen Semesters, der Überwachung der Wirtschaftspolitik oder des Präsidenten der Eurogruppe, deren Vorsitz ständig und hauptamtlich werden könnte. Teil des Vorhabens ist die Schaffung eines beratenden europäischen Fiskalausschusses, der die Haushaltsführung der Mitglieder bewerten soll, sowie mehr Kontrollmöglichkeiten für das EU-Parlament und die nationalen Abgeordnetenhäuser.
In die zweite Phase aber fallen jene Maßnahmen, die umstrittener sind. Dazu gehören eben die Stabilisierungsfunktion für die Eurozone oder die Einrichtung eines Finanzamtes für die Währungsgemeinschaft.