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Praxisfremde Regelungen im neuen Berufsrecht für Anwälte und Notare

Von Reinhard Binder

Wirtschaft

Probleme mit Geldwäsche-Richtlinie. | Ärger über die Fortbildungspflicht. | Wien. Das Berufsrechts-Änderungsgesetz bereitet den Rechtsanwälten und Notaren wenig Freude. Bei einer Veranstaltung des Juristenverbandes wurde insbesondere die Umsetzung der dritten Geldwäsche-Richtlinie von Experten als "praxisfremd" kritisiert.


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Die Richtlinie verpflichtet Rechtsanwälte, Behörden zu informieren, wenn der Verdacht vorliegt, dass ein Mandant in Geldwäschegeschäfte verwickelt ist.

Im Gesetz werden für Geldwäsche besonders anfällige Geschäftsfelder genannt. Dazu zählen zum Beispiel Trust- und andere Treuhandkonstruktionen oder Geschäftsbeziehungen mit "politisch exponierten Personen" (PEPs), also Personen in hohen politischen Ämtern sowie Manager von Staatsunternehmen.

Wer nun ein PEP ist, ist allerdings schwer herauszufinden, gab die leitende Staatsanwältin Maria Wais zu bedenken. Der österreichische Weg: Der Klient muss einen Fragebogen ausfüllen.

Bei Rechtsgeschäften, an denen eine Gesellschaft beteiligt ist, muss künftig auch immer der "wirtschaftliche Eigentümer" der Gesellschaft festgestellt werden. Bei österreichischen Unternehmen genügt ein Firmenbuchauszug. Kompliziert wird die Überprüfung bei internationalen Konzernen.

Ständiges Lernen

Ab Jänner sieht das neue Standesrecht auch eine gesetzliche Verpflichtung zur Fortbildung vor. Ein Verstoß könnte teuer werden und sogar ein Disziplinarverfahren nach sich ziehen.

Auch wenn für die meisten Notare und Rechtsanwälte Fortbildung selbstverständlich ist, sorgte diese Regelung bei einer Veranstaltung des Juristenverbandes unter den Betroffenen für Diskussionsstoff.

Die gesetzliche Verankerung der Fortbildung wurde auf Druck der EU-Kommission notwendig. Dadurch soll der Standard der heimischen Rechtsanwälte hochgehalten werden. Diese genießen nämlich aufgrund von besonderen Zugangsvoraussetzungen und der langen Ausbildungszeit eine Sonderstellung in Europa. "In Spanien kann jeder Jurist eine Kanzlei eröffnen", führt Gerhard Hopf, Sektionschef im Justizministerium, zum Vergleich an.

Auf eine Aufzählung von Fortbildungsmaßnahmen wurde hierzulande allerdings verzichtet.

Karl F. Engelhart, Vizepräsident des Disziplinarrates, beruhigt: Nur "auffallende Sorglosigkeit und grobe Unwissenheit" gelten als Verstoß gegen das Standesrecht. Niemand brauche ein Disziplinarverfahren wegen eines versäumten Seminars befürchten. Kollegen sehen die Sache nicht so gelassen. Ein Verstoß gegen die Fortbildungspflicht könnte nämlich auch eine Obliegenheitsverletzung im Rahmen der Haftpflichtversicherung sein.