Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die jüngste Bildungseinrichtung in Österreich heißt Fachhochschule (FH). Die Hochschulbildung auf eine breitere Basis zu stellen und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu forcieren, war das primäre Ziel. Der Weg dorthin ist eine wesentlich praxisorientiertere Ausbildung als ein akademisches Universitäts-Studium, das Curriculum sieht auch ein verpflichtendes Berufspraktikum vor. Mit der Einrichtung der Fachhochschulen soll der (nicht nur in Wahlzeiten) viel zitierte "Standort Österreich" für die Wirtschaft attraktiv gemacht bzw. als solcher erhalten werden, lautet die vom zuständigen Wissenschaftsministerium ausgegebene Politik. Angestrebt wird, in allen Regionen Österreichs eine chancengleiche Ausbildung anzubieten. Tatsächlich sind die FH-Einrichtungen nicht auf die Bundeshauptstadt und die Landeshauptstädte beschränkt, sondern quer durch Österreich verstreut: Wels, Spittal an der Drau, Kufstein und Pinkafeld sind ebenso Stätte zumindest eines FH-Ganges wie Kapfenberg, Kuchl oder Kufstein, Steyr, Hagenberg, Wiener Neustadt oder Krems. Im Burgenland werden insgesamt drei FH-Studiengänge angeboten, in Kärnten vier, in Niederösterreich sieben, in Oberösterreich sechs, in Salzburg vier, in der Steiermark elf, in Tirol vier, in Vorarlberg drei, und in Wien sind es 13 an der Zahl.
Bis vor kurzem gab es keine "Fachhochschule" per Definition, sondern lediglich "FH-Studiengänge". Diese wurden 1994 etabliert. Laut Fachhochschulstudiengesetz (FHStG) dürfen sich nämlich nur jene Einrichtungen Fachhochschule nennen, die mindestens zwei FH-Studiengänge anbieten und in deren Ausbauplan 1.000 Studienplätze vorgesehen sind. Erst im vergangenen Juni wurden zwei Fachhochschulen vom Wissenschaftsministerium genehmigt: Die FH-Studiengänge Vorarlberg G.m.b.H. in Dornbirn bietet "Fertigungsautomatisierung", "Betriebliches Prozess- und Projektmanagement" sowie "InterMedia" an. Derzeit gibt es dort rund 400 Studierende. Die Wiener Neustädter Bildungs- und Forschungs-Gesellschaft m.b.H. mit 1.200 Studierenden bietet die Studiengänge "Wirtschaftsberatende Berufe" und "Präzisions-, System- und Informationstechnik" an.
Dass ein Bildungsangebot weder vom zuständigen Ministerium entwickelt noch vom Nationalrat per Gesetz beschlossen wird, ist ein Novum in der österreichischen Hochschullandschaft. FH-Studiengänge werden von juristischen Personen des privaten oder öffentlichen Rechts beantragt und - nach der Genehmigung durch den Fachhochschulrat (FHR) - von dieser Rechtsperson, also vom "Erhalter", geführt. 20 FH-Erhalter gibt es bis dato. Eine weitere Neuerung in Österreichs Bildungslandschaft wurde mit der gemischten Finanzierung des FH-Sektors geschaffen: Der Bund übernimmt - unter bestimmten Voraussetzungen - die Kosten pro Studienplatz, die Kosten für Gebäude, Investitionen usw. müssen vom Erhalter getragen werden (einen Teil davon übernehmen u.a. auch Landesregierungen). FH-Studiengänge werden zunächst für eine Dauer von vier bis fünf Jahren genehmigt. Dann müssen sie, nach einem internen und externen Evaluierungsverfahren, beim FHR um Verlängerung ansuchen.
Mit Beginn des Wintersemesters gibt es österreichweit 55 FH-Studiengänge. Bis zum Jahr 2005 soll mindestens ein Viertel der Studienanfänger (das sind rund 7.000 im Jahr) ein FH-Studium beginnen, geht es nach den Vorstellungen des Wissenschaftsministeriums. Den Unternehmensvertretern in der Industriellen Vereinigung (IV) ist das zu wenig. Sie streben nach dem Vorbild Deutschlands (wo die FH allerdings eine längere Entwicklung hinter sich haben als hierzulande) einen Anteil von 25 Prozent der Studienanfänger an einer FH an.
Ein Großteil des FH-Angebots ist im Bereich von Technik, Wirtschaft, Medien und Tourismus angesiedelt. "Wehrmutstropfen" ist der geringe Frauenanteil unter den FH-Absolventen von rund 29 Prozent. Einsame Spitzenreiter sind dabei - naturgemäß - die technischen Studienrichtungen mit rund 10 Prozent, die fast 70 Prozent weiblichen Studienanfängerinnen in den Tourismus-Studiengängen gegenüber stehen.
Ein FH-Studiengang kann als Vollzeitstudium oder berufsbegleitend absolviert werden und dauert sieben bis acht Semester. Interessierte Teilnehmer müssen einen Aufnahmetest bestehen, Studiengebühren werden nur von ausländischen Studierenden eingehoben. Nach Abschluss eines FH-Studiums wird der akademische Grad "Diplom-Ingenieur (FH)" bzw. "Magister (FH)" verliehen.
Unklarheit herrscht im Augenblick über die personelle Nachbesetzung des FH-Rates, die mit Anfang Oktober ansteht. Der FHR ist ein unabhängiges Gremium bestehend aus 16 Experten (Habilitierten und Vertretern aus für den FH-Bereich relevanten Berufsfeldern) - von denen nun 12 Mitglieder ausscheiden. Diese werden vom Wissenschaftsministerium in Absprache mit dem Unterrichtsministerium ernannt. Nur wird angesichts der bevorstehenden Nationalratswahl vermutlich erst nach dem 3. Oktober über die Nachbesetzung entschieden werden. Das könnte Konsequenzen für jene FH-Studiengänge nach sich ziehen, die im neuen Studienjahr beginnen wollen, aber auch Evaluierungsverfahren und die Verlängerung von Studiengängen verzögern, wird befürchtet.
Über das Fachhochschul-Studienangebot informiert detailliert die Broschüre "Fachhochschulen in Österreich", die beim Wissenschaftsministerium unter Tel. 01/531 20-6441, -5898 oder -5752 Dw. erhältlich ist. Eine Übersicht liefert auch die Homepage des Ministeriums http://www.bmwf.gv.at.