Mögliche Folgen der WU-Klage: Gesetzesänderung statt 190 Millionen. | Unterstützung kommt von Experten und Studierenden.
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Wien. Bevor die Regierung für die Wirtschaftsuni (WU) 190 Millionen Euro mehr springen lässt, kommt es zu einer Gesetzesänderung - glaubt zumindest Verfassungsjurist Heinz Mayer. Aber von Anfang an: WU-Rektor Christoph Badelt fordert zusätzlich 64,4 Millionen Euro pro Jahr, und zwar für den Zeitraum 2010 bis 2012. Dieses Geld will er bei der Schlichtungskommission einklagen, weil es immer noch keine Zugangsregeln an der WU gibt, obwohl dies in der Leistungsvereinbarung verankert wurde.
Jurist Mayer: Kein ähnlicher Fall bekannt
Der Gang zur Schlichtungskommission ist hierzulande Neuland, und auch Mayer ist kein vergleichbarer Fall bekannt. Die Möglichkeit, die Kommission bei "gravierenden Veränderungen der Rahmenbedingungen" anzurufen, entstand mit dem Universitätsgesetz 2002.
Davon möchte Badelt nun Gebrauch machen, denn an der WU übersteige die Zahl der Studierenden die vorhandenen Kapazitäten: Statt 1300 Bachelor-Absolventen pro Jahr gebe es fünf Mal so viele. Und weil in der Leistungsvereinbarung Platzbeschränkungen zugesagt, aber nie eingeführt wurden, bestehen aus Badelts Sicht "geänderte Rahmenbedingungen".
Die WU benötige mehr Geld für Lehre und Verwaltung - in Summe fordert Badelt somit besagte 190 Millionen Euro vom Wissenschaftsministerium.
Töchterle: "Unis müssen leben dürfen"
Der zuständige Minister Karlheinz Töchterle (ÖVP) zeigt sich verständnisvoll: "Die Unis haben gewisse Kapazitäten, die müssen sie auch leben dürfen - sonst leidet die Qualität." Doch es sei das Ergebnis der Schlichtungskommission abzuwarten, so Töchterle. Auch die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) wertet den Schritt des WU-Rektors positiv: "Wir haben schon lange gefordert, diese rechtliche Handhabe zu nutzen", sagt ÖH-Vizechef Thomas Wallerberger von der Fraktion Engagierter Studierender (Fest).
Bisher hätten die Uni-Chefs dies aber aus Angst vor negativen Folgen bei Budgetverhandlungen und Leistungsvereinbarungen nicht gewagt. Auch Mayer sagt, er könne verstehen, dass Badelt den Rechtsschritt einschlage: "Er hat recht, dass er es probiert." Ob die Klage Erfolg haben werde, sei für ihn schwer abschätzbar, so der Verfassungsexperte.
Hans Sünkel, Präsident der Universitätenkonferenz, rechnet hingegen damit, dass das Verfahren für Badelt positiv ausgeht. Er hofft, dass es noch innerhalb dieser Leistungsvereinbarungsperiode abgeschlossen wird, welche bis 2012 dauert. Zudem geht er davon aus, dass das WU-Verfahren die Einführung eines Modells zur Studienplatzfinanzierung beschleunigen werde. Bei diesem wird den Unis pro Studienplatz eine gewisse Summe zur Verfügung gestellt.
Auch Wissenschaftsminister Töchterle sieht sich in seinem Vorhaben der Studienplatzfinanzierung bekräftigt: "Sie bringt mehr Fairness und Transparenz." Die SPÖ hatte im Frühjahr gegen die Zugangsbeschränkungen an der WU Wien gestimmt. Einigen konnten sich die Parteien im ebenfalls überlaufenen Publizistik-Studium.