Ascina-Verein für österreichische Wissenschafter in Nordamerika prämiert drei Forscher mit beeindruckenden Arbeiten.
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Boston. Es war Forschung mit Tiefgang. Beifall im Saal, nachdem die Laudatoren die Arbeiten und Biografien der Preisträger beschreiben hatten, stiller Respekt für deren Leistungen. Und ein interessiertes Staunen, was österreichische Wissenschafter im Forschungsland Nummer eins alles tun. Am Samstagabend erhielten die in den USA tätigen Experten Sonja Schmid, Mariella Gruber-Filbin und Simon Gröblacher in Boston, Massachusetts, die Ascina-Awards 2014. Die Preise werden alljährlich vom Wissenschaftsministerium und dem Netzwerk "Austrian Scientists and Scholars in North America" (Ascina) für exzellente Forschungsarbeiten vergeben, die Einreichungen vom Wissenschaftsfonds FWF geprüft.
Sonja Schmid, Assistenzprofessorin am Virginia Polytechnic Institute (Virginia Tech), erhielt den mit 10.000 Euro dotierten Preis "Young Principal Investigator" für ihr Buch über die Geschichte der russischen Nuklearindustrie bis zur Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986. Das Buch erscheint im US-Wissenschaftsverlag MIT Press. "Ich habe schon während des Studiums in Wien Kurse zu nuklearer Sicherheit gemacht. Dann habe ich einen Russen kennengelernt, der bei den Aufräumarbeiten nach Tschernobyl dabei war und mich wie ein Mentor auf Ideen brachte, wie man über diese Katastrophe nachdenken könnte", erklärte Schmid vor Journalisten direkt nach der Preisverleihung.
Interessant sind die Wege, die Forscher in alle Welt beschreiten. Sonja Schmid studierte Linguistik, Slawistik und Philosophie an der Uni Wien und ging 2002 mit einem Fulbright-Stipendium für Master-Studien in die USA, um "Science and Technology Studies" an der Cornell University in New York zu studieren. Ursprünglich hatte sie geplant, zurückzukehren. Doch es ergaben sich befristete Anstellungen (Post-Docs) und nun eine der begehrten Tenure-Track-Stellen. Der Begriff beschreibt ein Verfahren in der akademischen Laufbahn mit der Chance, eine Lebenszeitprofessur zu erhalten.
Jüngst erhielt Schmid mit dem "Career Award" der US-National Science Foundation im Wert von 420.000 US-Dollar eine der höchsten Auszeichnungen für Forscher. Dennoch räumte sie ein, dass die Anerkennung aus dem eigenen Land ihr Herz noch mehr bewege: "Der NSF Award war großartig. Aber über den Ascina Award habe ich mich wirklich gefreut", sagte die Preisträgerin vor versammeltem Publikum.
In der Kategorie "Young Scientist" wurden Mariella Gruber-Fibin und Simon Gröblacher ausgezeichnet, sie erhalten je 7500 Euro. Gruber-Filbin arbeitet als Post-Doc am Dana-Farber Cancer Institute in Boston. Sie promovierte 2004 sub auspiciis an der Medizinuni Graz im Spezialgebiet Kinder-Krebsforschung. "Ich wusste, dass es das ist, was ich machen will", erklärte sie. Gruber-Filbin war dafür auch bereit, Umwege zu machen. 2008 ging sie mit einem Apart-Stipendium der Akademie der Wissenschaften als Post Doc nach Boston. Dort wollte man aber ihre österreichische Ausbildung zur Kinderfachärztin aber nicht anerkennen. Um klinisch tätig sein zu können, musste sie diese ein zweites Mal machen. Ausgezeichnet wurde sie für ihre in "Nature Medicine" veröffentlichte Arbeit über Hirntumore vom Typ des Glioblastoms, in der sie zwei mögliche Angriffsziele gegen die bösartigen Zellen vorschlägt.
Auf 17 Fachpublikationen kann Simon Gröblacher bereits verweisen. Er wurde für eine in "Nature" veröffentlichte Arbeit ausgezeichnet, die neue Möglichkeiten für präzise optische Messungen eröffnet. Gröblacher studierte Physik am renommierten Institut für Quanteninformation der Uni Wien. Bis August arbeitete er als Post Doc am California Institute of Technology. Nun beginnt er als Assistenzprofessor an der Technischen Universität Delft in den Niederlanden. Gröblacher gab eine realistische Sicht auf die Job-Perspektiven für Wissenschaft: "Es ist trotz Auslandserfahrung schwer, eine fixe Anstellung zu finden. Tenure Track bekommt man in den USA nur, wenn jemand sagt, man sei der beste, den er je hatte."
Trotz mancher Hürden sehen die Preisträger in den USA eine ausgeprägte Willkommenskultur für Wissenschafter. "In USA wird man, wenn man eine gute Idee hat, gefördert", brachte es Gruber-Fibin auf den Punkt.
Die Verleihung der Ascina-Awards fand im Anschluss an den "Austrian Research and Innovation Talk 2014" statt. Diese jährliche Konferenz für in Nordamerika tätige heimische Forscher wird von den Ministerien für Verkehr und Wissenschaft und dem Office of Science and Technology (OST) an der österreichischen Botschaft in Washington DC organisiert. Im Verein Ascina haben sich 1500 heimische Forscher zusammengeschlossen, von denen 950 jenseits des Atlantiks arbeiten.
Andockstellen schaffen
Angesichts des Wettbewerbs um die besten Köpfe will Österreich mit der Veranstaltung seine Big Brains wieder nach Hause holen oder aber intensiver mit ihnen zusammenarbeiten. "Das Treffen ist kein Recruiting-Event, sondern es dient dem Networking, damit man sehen kann, wer zu wem passen könnte", erklärte Hannes Androsch, Chef des Forschungsrats und Mitglied der Delegation aus Österreich. Doch selbst das beste Netzwerk benötigt konkrete Angebote. Bei der Veranstaltung wurden Ideen entwickelt, wie österreichische Forscher an Post-Doc-Stellen zurückkehren könnten. "Es wäre wünschenswert, bei Anlässen wie hier in Boston nicht nur ein Bild der österreichischen Forschungslandschaft anzubieten, sondern auf Andockmöglichkeiten hinzuweisen. Diese müssten kompetitiv vergeben werden und es müsste ein internationales Auswahlverfahren geben", beschrieb Helga Nowotny, ehemalige Präsidentin des Europäischen Forschungsrats, die Idee. Derzeit bietet nur der FWF zwei befristete Rückholprogramme, langfristige Perspektiven fehlen.