Zum Hauptinhalt springen

Preise gehen nach Liberia und Jemen

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Ellen Johnson-Sirleaf, Leymah Gbowee und Tawakkul Karman werden geehrt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Oslo. Das Nobelkomitee in Oslo hat am Freitag mit der Bekanntgabe der Friedensnobelpreise für 2011 ein wichtiges Zeichen gesetzt. Erstmals in der Geschichte des Friedensnobelpreises, der seit 1901 vergeben wird, geht der Preis gleich an drei Frauen: die liberianische Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf, die ebenfalls aus Liberia stammende Menschenrechtlerin Leyman Gbowee und die jemenitische Journalistin Tawakkul Karman, die Symbolfigur der jemenitischen Protestbewegung.

In der Begründung für die Preisvergabe betonte das Friedensnobelpreiskomitee, dass Demokratie und dauerhafter Frieden auf der Welt nicht erreicht werden können, wenn Frauen nicht dieselben Möglichkeiten wie Männer zur Beeinflussung von Entwicklungen auf allen Ebenen der Gesellschaft bekommen. Die Vergabe an die drei neuen Preisträgerinnen erfolge für deren gewaltfreien Kampf für die Sicherheit von Frauen und für das Recht der Frauen auf volle Beteiligung an friedensbildender Arbeit. Das Komitee gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Ehrung dabei helfen werde, die Unterdrückung von Frauen zu beenden, die es noch immer in vielen Ländern gibt.

Johnson-Sirleaf zeigte sich nach der Bekanntgabe der Preisträgerinnen "riesig überrascht" und sagte, für sie sei das eine Anerkennung für sehr viele Jahre voller Kampf und ein wunderbarer Ausdruck für die Hoffnung auf ein neues Liberia. Viel von der Ehre dieses Preises gehöre ihrer Mitpreisträgerin Gbowee und den anderen liberianischen Frauen, die die Diktatur herausgefordert haben.

Tawakkul Karman sprach in einer ersten Reaktion von einem Sieg für die Protestbewegung im Jemen und widmete ihren Preis den Aktivisten des Arabischen Frühlings.

EU-Ratspräsident Herman
Van Rompuy und Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sehen in der Preisvergabe einen Sieg für ein neues demokratisches Afrika und eine neue demokratische arabische Welt. Der Präsident von Amnesty International, John Peder Egenaes, sieht darin eine Anerkennung der wichtigen Rolle von Frauen in Friedensprozessen.

Erst 15 Frauen unterden Preisträgerinnen

In der 110-jährigen Geschichte des Friedensnobelpreises wurden außer den drei neuen Preisträgerinnen erst zwölf Frauen ausgezeichnet: 1905 die Österreicherin Berta von Suttner, 1931 Jane Addams (USA). 1946 Emily Green Balch (USA), 1976 die nordirischen Friedensaktivistinnen Mairad Corrigan und Betty Williams, 1979 die aus Albanien stammende Mutter Theresa, 1982 die Schwedin Alva Myrdal, 1991 die burmesische Politikerin Aung San Suu Kyi, 1992 die Guatemaltekin Rigoberta Menchu, 1997 die Sprecherin der Internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen, Jody Williams (USA), 2003 die iranische Menschenrechtsanwältin Shirin Ebadi und 2004 die kürzlich verstorbene kenianische Politikerin und Umweltaktivistin Wangari Maathai.

Zur Person

Zur Person

Zur Person

Protest in Weiß

Leymah Roberta Gbowee, 1972 in Monrovia geboren, war maßgeblich am Friedensprozess in ihrer vom Bürgerkrieg zerrissenen Heimat Liberia beteiligt. Vor zehn Jahren wurde sie Koordinatorin der Organisation "Women in Peacebuilding". 2002 gründet sie die Bewegung "Women of Liberia Mass Action for Peace". Frauen und Mütter kämpften mit gewaltfreien Protestaktionen gegen den damaligen Präsidenten Charles Taylor und trugen als Zeichen für Reinheit und Friedenswillen konsequent weiße Kleidung.

Gbowee, die ein Studium in den USA absolviert hat, begann ihre Tätigkeit als Streetworkerin und versuchte, den vom Krieg gezeichneten Kindern und Jugendlichen zu helfen. 2004 wurde sie in die Wahrheits- und Versöhnungskommission ihres Landes berufen. Sie leitet die Organisation "Women Peace and Security Network Africa.

Die Friedenspräsidentin

Als die am 29. Oktober 1938 in Monrovia geborene Ellen Johnson-Sirleaf vor sechs Jahren zur Präsidentin von Liberia gewählt wurde, war sie die erste Frau, die in Afrika an eine Staatsspitze rückte. Die vierfache Mutter und achtfache Großmutter, die über ihren Großvater mütterlicherseits deutsche Wurzeln hat, konnte damals schon auf eine beachtliche politische und internationale Karriere verweisen. Nach Studien in Liberia und den USA war sie in den Siebzigerjahren in ihrer Heimat Ministerin. Nach dem Militärputsch 1980 emigrierte sie und arbeitete unter anderem bei der Weltbank und der UNO. Seit 16. Jänner 2006 ist sie Präsidentin Liberias, das sich von den Folgen des mehr als zwanzigjährigen Bürgerkriegs erholen muss. Das Magazin "Newsweek" wählte sie im Vorjahr zu einer der zehn besten Führungspersönlichkeiten der Welt.

Feindbild der Islamisten

Der Kampf für Menschenrechte, Demokratie und Meinungsfreiheit steht im Mittelpunkt des Wirkens der 32-jährigen jemenitischen Journalistin Tawakkul Karman. Die Mutter von drei Kindern ist das Feindbild von Präsident Ali Abdullah Saleh und radikaler Islamisten, die ihr vorwerfen, die Frauen zur Rebellion gegen ihre Männer aufzustacheln. Ihre Protestkarriere begann, als sie erlebte, wie ein Scheich in der Provinz Ibb Familien von ihrem Land vertrieb. Ihren Kampf richtete sie gegen Arbeitslosigkeit und Ungerechtigkeit und bald kam sie zu der Ansicht, dass ein Führungswechsel in ihrer Heimat unausweichlich ist. Bei den Demonstrationen der letzten Monate in Sanaa stand sie oft in der ersten Reihe. Sie gilt als das Gesicht der jemenitischen Protestbewegung und ist die erste Araberin, die den Friedensnobelpreis erhält.