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"Preiskampf hat Winter erreicht"

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Ausgebucht am Wochenende, Flaute unter der Woche: wie Hotels reagieren.


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Wien. Während zum Jahreswechsel und in den Semesterferien die meisten Zimmer ausgebucht sind und Hoteliers höhere Preise verlangen können, sieht es den Rest des Jahres in vielen Betrieben weniger gut aus: "Der Preiskampf in der Hotellerie hat die Wintersaison erreicht", sagt Erich Liegl, Geschäftsführer der Tourismusberatung Kohl & Partner. Ließen Hotels vor einigen Jahren in der Hauptsaison oft nur eine Belegung von einer ganzen Woche zu, so müssen sich auch die Betriebe in beliebten Skidestinationen wie am Arlberg auf die kürzere Aufenthaltsdauer ihrer Gäste einstellen.

"Das Urlaubsbudget von 25 Tagen im Jahr pro Arbeitnehmer hat sich in den vergangenen Jahren nicht verändert, das Freizeitverhalten dagegen massiv", sagt Liegl. Kurzurlaube werden bevorzugt an den Wochenenden gebucht, die Folge für viele Hoteliers: Am Wochenende herrscht zu große Nachfrage, unter der Woche sind viele Zimmer nicht belegt. Einige Betriebe reagieren mittlerweile darauf, indem sie bei einer Anreise am Sonntag vier Nächte zum Preis von drei anbieten oder zum Wochenende zwei Nächte Mindestaufenthalt vorschreiben und die Preise am Wochenende entsprechend hinaufschrauben. Durchschnittlich werden die Zimmer jedes Jahr im Rahmen der Inflation teurer, heißt es aus der Branche. Eine fixe Preisliste hat längst ausgedient.

Einige Regionen schaffen es, die schwache Saison zu beleben: Der Wolfgangseer Advent im Salzkammergut bringt beispielsweise 35.000 Nächtigungen und über zehn Millionen Euro zusätzlichen Umsatz in die Region, die früher hauptsächlich für ihren Sommertourismus bekannt war.

Hohe Auslastung in Wien wird über den Preis erkauft

In der Nebensaison verlassen sich allerdings viele Betriebe auf Reiseveranstalter, die die Zimmer bis zur Hälfte günstiger anbieten und so für Auslastung sorgen. Die Gefahr: "Ist einmal der Preis unten, bekommt man ihn schwer wieder hinauf", warnt Liegl. Unterscheiden sich Gäste, die das Billigangebot gebucht haben, von der übrigen Kundschaft, könnte das außerdem (Stamm-)Gäste vergraulen. Fühlen sich Neukunden hingegen nicht willkommen, könnte es schlechte Bewertungen auf Internet-Buchungsportalen hageln.

Während Unterkünfte in den Ferienregionen vor allem an der Saisonalität zu knabbern haben, macht Hotelbetreibern in Wien das Überangebot an Betten zu schaffen. "Der Preisverfall in den vergangenen Jahren war massiv. Hotels unterbieten sich gegenseitig sukzessive und setzen so eine Preisspirale nach unten in Gang", sagt Elfi Maier. Die Expertin für Umsatzoptimierung berät Hotels und Theater. Zwar liegt die Zimmerauslastung mit durchschnittlich mehr als 71 Prozent in Wien im Österreich-Vergleich hoch.

Doch bei den Erträgen zeigt sich ein anderes Bild: Beim Jubel über steigende Gäste- und Nächtigungszahlen wird oft vergessen, dass Umsatz und Gewinn der Hoteliers nicht im gleichen Ausmaß zunehmen. Innerhalb Europas sind Hotelzimmer in Wien vergleichsweise günstig, was die Erträge schmälert. "In Wien versuchen viele Hotels, sich Auslastung über den Preis zu erkaufen. Die Preisdurchsetzung wird noch schwieriger werden", sagt Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Laut einer ÖHV-Mitgliederbefragung erwarten 36 Prozent der Hoteliers, dass die Preisdurchsetzung in der aktuellen Wintersaison schwieriger wird. 45 Prozent rechnen mit keiner Veränderung, 19 Prozent gehen von einer besseren Lage aus.

"Unterm Strich bleibt nicht mehr viel übrig, wenn die Kosten für Energie und Personal stetig steigen. Einige Hotels ohne klare Positionierung - etwa auf Bio-Liebhaber, Umweltbewusste oder Hundebesitzer - werden dabei auf der Strecke bleiben", erwartet Maier. Viele Hotels bieten eine ähnliche Ausstattung, für den Kunden bleibe als einziges Kriterium der Preis. Ähnlich sieht es Liegl: "5-Stern-Hotels senken die Preise, Budgethotels bieten günstiger an. Die Mitte kommt unter Druck."

Buchungsportale schmälern die Erträge der Hoteliers

Die Dominanz der Internet-Buchungsplattformen ist groß: Mitunter werden mehr als 60 Prozent der Zimmer über Portale gebucht. "Onlineportale haben die Preissituation verschlimmert, weil sie die Angebote leichter vergleichbar machen und Kommission verlangen", sagt Maier. Bis zu 25 Prozent muss ein Hotel an die Plattform abliefern - da bleibt wenig übrig, wenn das Zimmer auf den Portalen laut den Betreibern nicht teurer angeboten werden darf als auf der Hotel-Website oder an der Rezeption.

Als Ausweg bieten viele Hotels das Zimmer ohne Frühstück auf den Buchungsplattformen an. Portale sollten als virtuelles Schaufenster nutzen, um Gäste auf ihre eigene Website zu holen, heißt es von den Experten. Mit Packages oder Zusatzleistungen als "Zuckerl" können Hotels Bestpreisklauseln der Portale aushebeln: Ein Glas Sekt bei der Ankunft oder eine Flasche Wein am Zimmer kostet keine Unsummen, kann Gäste aber zum Buchen auf der Hotel-Website verleiten.