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Preiskampf kennt keine Hindernisse

Von Carola Palzecki, Bratislava

Europaarchiv

Der Krieg um die Gunst der slowakischen Verbraucher tobt und wird mittlerweile in aller Heftigkeit ausgetragen. Angeblich schauen die Slowaken wegen ihres geringen Monatsgehalts von durchschnittlich umgerechnet 375 Euro beim Einkaufen auf nichts anderes als den Preis, und so überbietet sich die Konkurrenz im Einzelhandel nicht erst seit dem EU-Beitritt in Billigangeboten.


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Die Konsequenzen sind inzwischen unübersehbar: fliegender Inhaberwechsel in den Fußgängerzonen und bisweilen ein saftiges Bußgeld für eine Supermarktkette.

Zuletzt erwischte es die französische Kette Carrefour, gegen die die slowakischen Wettbewerbshüter wegen eines Verstoßes gegen das Gesetz über Neujahrsabverkäufe ein Bußgeld von umgerechnet 50.000 Euro verhängte. Das war die bisher schärfste Sanktion der Slowakischen Handelsinspektion. Das Unternehmen gelobte damals öffentlich brav Besserung einschließlich der Wandlung zum "gemäßigteren Anbieter".

Angebote locken

Praktisch geändert hat sich allerdings kaum etwas, zumindest nicht auf Unternehmensseite. Carrefour lockt Kunden immer noch vor allem damit, dass das Unternehmen den Differenzbetrag erstattet, sollte etwas woanders billiger angeboten werden. "Woanders" ist damit inzwischen gleichbedeutend mit dem Mitbewerber Lidl, der zu Jahresbeginn auf einen Schlag knapp 20 Filialen in der Slowakei eröffnete und nicht zuletzt etwa in Deutschland vor einigen Jahren Aufsehen erregte mit dem Preisangriff auf den bis dato unangefochtenen Billiganbieter Aldi (Österreich: Hofer).

Behörden im Abseits?

Die Wettbewerbshüter hingegen sind mittlerweile ausgesprochen vorsichtig geworden, was öffentliche Äußerungen zur Marktlage angeht. Behördenchefin Nadezda Machútová, zu Jahresbeginn noch eine eifrige Streiterin und Mahnerin für ein faires Miteinander, ist schon seit Wochen nicht mehr für Interviews greifbar. Es wird daher schon darüber spekuliert, ob ihrer Behörde signalisiert wurde, sich aus den Revierkämpfen der Supermarktketten künftig mehr oder weniger oder vielleicht sogar ganz herauszuhalten.

Leere Gewerberäume

Die Leidtragenden des beinharten Preiskampfes der Discounter sind die Einzelhändler in den Zentren der größeren slowakischen Städte; denn dort sind regelmäßig auch die Supermarktketten angesiedelt. In Bratislava steht etwa ein Drittel der Gewerberäume auf der Ladenmeile Obchodná regelmäßig entweder leer oder wird gerade mit großem Aufwand umgestaltet für ein neues Geschäftsexperiment. Die Ladenlandschaft in der Altstadt hat sich im vergangenen Jahr ebenfalls recht deutlich verändert, Wechsel stechen dort allerdings weniger ins Auge, weil Lücken gegebenenfalls zumindest durch ein neues Café geschlossen werden.

Am schlimmsten betroffen dürfte der Einzelhandel in Komárno sein, dessen Bürgermeister sich lange erfolgreich gegen die Ansiedlung von Supermärkten verwahrte. Seit sich zwei Ketten in der ehemaligen Werftstadt angesiedelt haben, wirkt das pittoreske Zentrum auch an Wochentagen wie ausgestorben.