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Preisvorteil mit Nebenwirkungen

Von Michael Schmölzer

Europaarchiv

Der Besuch beim ungarischen Zahnarzt oder bei der slowakischen Kosmetikerin ist angesichts der immer noch deutlichen Preisunterschiede für viele Ostösterreicher bereits selbstverständlich. Auch die Automechaniker-Arbeitsstunde ist in diesen Ländern bis zu 80 Prozent billiger. Der Verein für Konsumenteninformation hat jetzt getestet, ob es sich tatsächlich lohnt, mit dem Auto zwecks Service über die Grenze zu fahren.


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n Kfz-Mechaniker in den Nachbarländern entdecken deutlich weniger Mängel als die heimischen n

Der Gedanke, mit seinem fahrbaren Untersatz die heimatlichen Gefilde zu verlassen und Reparaturen bei den EU-Nachbarn durchführen zu lassen, erscheint auf den ersten Blick nicht abwegig. Hat doch bereits Norbert Griesmayr, Generaldirektor der VAV-Versicherung, mit dem Gedanken gespielt, beschädigte Autos billiger im Ausland reparieren zu lassen und damit in der heimischen Kfz-Reparaturbranche für große Aufregung gesorgt. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat jetzt die Probe aufs Exempel gemacht und Werkstätten in Tschechien, der Slowakei und Ungarn sowie in Wien, Niederösterreich und im Burgenland mit der Durchführung eines Autoservices beauftragt.

Die Tester bauten gängige Mängel in vier Testfahrzeuge - Ford Focus, Opel Vectra, Peugeot 205 und VW-Polo - ein und brachten sie hüben wie drüben zu den Vertragswerkstätten.

Das Ergebnis der VKI-Überprüfung kurz gefasst: Die Werkstätten in den neuen EU-Nachbarn arbeiten zwar im Durchschnitt um 40 Prozent billiger, übersehen aber auch mehr Mängel als die heimischen Betriebe. 24 Werkstätten wurden überprüft, die beste ausländische - ein Autohaus in Sopron - belegt im VKI-Ranking nur Platz 8. "Insgesamt entdeckten heimische Betriebe 73 Prozent aller eingebauten Mängel, während die Kfz-Mechaniker in den benachbarten Grenzregionen nur 57 Prozent aller Fehler fanden", so VKI-Experte Franz Floss gestern vor Journalisten. Fehlerlos hätten lediglich drei Betriebe gearbeitet - jeweils einer in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland.

Preisfrage

"Kfz-Reparaturen in Österreich teuer - jene im benachbarten Ausland billig. In Österreich Qualitätsarbeit - im Osten Pfusch": Auf eine derart simple Formel lassen sich die Unterschiede freilich nicht bringen. In den neuen EU-Staaten ist die Mechanikerstunde zwar deutlich günstiger, für den VKI-Test ist das aber nur bedingt relevant. "Vor allem beim Auto-Service in Vertragswerkstätten gibt es einen Pauschalbetrag, der unabhängig vom Arbeitsaufwand zur Verrechnung kommt. Auch Ersatzteile sind im Ausland nicht billiger", so Floss. Vergleicht man die tatsächlich verrechneten Servicekosten miteinander, ist der Abstand zwischen In- und Ausland schon weniger groß. Laut Test variieren die Durchschnittskosten in den Nachbarstaaten kaum - umgerechnet sind 159 Euro in Tschechien, 165 Euro in Ungarn und 166 Euro in der Slowakei zu berappen. Der Durchschnittswert in Wien liegt demgegenüber bei 323 Euro, in Niederösterreich bei 267 Euro und im Burgenland bei 231 Euro. Einzelne Werkstätten im Burgenland und in Niederösterreich können durchaus mit der Konkurrenz im Nachbarland mithalten. Etwa das "Autohaus LBA" in Eisenstadt, das mit 138 Euro die Peugeot-Werkstätten in Ungarn und der Slowakei unterbietet - allerdings werden die Reparaturen mangelhaft ausgeführt, so Floss. Umgekehrt ist keineswegs garantiert, dass ein teuer bezahltes Service, etwa in Wien, gleichzeitig von hoher Qualität ist.

Wie viele Ostösterreicher tatsächlich ihr Glück im benachbarten Ausland versuchen, ist bisher noch nicht erhoben. Die Tester des VKI bestätigen jedenfalls, dass die von ihnen besuchten Betriebe durchaus routiniert mit österreichischen Kunden umgingen. Und Alois Edelbrunner, Bundesinnungsmeister der Kfz-Techniker in Österreich, bestätigt gegenüber der "Wiener Zeitung", dass östereichische Reparaturbetriebe in Randlage durchaus mit Kundenschwund kämpfen.

Kontrolle ist besser

Wer sich zum Schritt ins Ausland entschließt, der sollte laut VKI einige wichtige Details beachten. So wird dazu geraten, den betreffenden Betrieb vor Besuch anzurufen. Dabei kann auch festgestellt werden, ob Sprachprobleme zu erwarten sind. Vorab sollte geklärt werden, ob etwa Kreditkarten akzeptiert werden. Floss weist überdies darauf hin, dass Konsumenten zwar EU-weit zwei Jahre lang Recht auf Gewährleistung haben. Wer sein Auto aber im Ausland zum Service bringt, muss seine Rechte auch dort geltend machen. Eine Zeit und Geld raubende Autofahrt ist in diesem Fall unumgänglich. Floss rät deshalb, schon bei der Abholung des Vehikels darauf zu schauen, ob die Reparaturen ordnungsgemäß durchgeführt wurden.