Mario Monti will weitermachen, wenn sein Reformkurs fortgesetzt wird.
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Florenz. Seit Tagen wirbt die italienische Politik schon um Mario Monti. Doch in seiner am Sonntag abgehaltenen Pressekonferenz wollte sich der gerade zurückgetretene Ministerpräsident nicht festlegen, ob und mit welcher Koalition er nach den am 24. Februar stattfindenden Neuwahlen zusammenarbeiten werde. Die Frage, die die in- und ausländische Öffentlichkeit zurzeit am meisten bewegt, beantwortete Monti ausweichend: Er "ergreife niemandes Partei", sagte der 69-jährige Wirtschaftsprofessor aus Mailand, der mehrmals deutlich durchklingen ließ, dass er nicht als Spitzenkandidat für eine Partei in den Wahlkampf ziehen wolle. Allerdings werde er sich auch nicht vor der politischen Verantwortung drücken, betonte Monti. "Wenn eine ernst zu nehmende politische Kraft mich bäte, für das Amt des Ministerpräsidenten anzutreten, würde ich das in Erwägung ziehen." Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die von ihm eingeschlagene Richtung weiterverfolgt werde. Seine Agenda, so Monti, sei die seit einem Jahr strikt verfolgte Sanierungspolitik, die es heute den Italienern erlaube, "wieder Bürger der EU mit erhobenem Haupte zu sein".
Erst in der vergangenen Woche hatte sich Monti mit Vertretern der Industrie und der politischen Mitte getroffen: Folgt man diesen Gesprächen, so könnte eine Regierung nach dem 24. Februar Mario Monti an der Spitze sehen, begleitet vom Ferrari-Präsidenten Luca Cordero de Montezemolo. Auch die ehemalige Chefin der Arbeitgeberorganisation Confindustria Emma Marcegaglia und Fiat-Chef Sergio Marchionne könnten zu den Mitstreitern zählen. In der Politik scheinen der Chef der Zentrumspartei UDC, Pierferdinando Casini, und der bislang amtierende Parlamentschef und Vorsitzende von Futuro e Liberta, Gianfranco Fini, mögliche Partner.
Monti hatte sich bei einer Visite des Fiat-Standortes Melfi weit aus dem Fenster gelehnt, als er betonte, er begrüße das energische Vorgehen Marchionnes als ein Beispiel, wie auch ganz Italien zu sanieren sei - ein Schlag ins Gesicht der Gewerkschaften, allen voran der linksorientierten CGIL, deren Aktivitäten vom Chef des Turiner Autobauers in allen Betriebsstätten Fiats untersagt wurden. Aber auch eine Aussage, die klarmacht, in welche Richtung eine zentrumsorientierte Regierung unter Führung von Mario Monti abzielen würde: wirtschaftsorientiert mit dem Ziel, ein starker anerkannter Partner in einem wirtschaftlich prosperierenden Europa zu sein.
Vor der versammelten nationalen und internationalen Presse erklärte Monti auch, dass es für eine solche Entwicklung unabdingbar sei, dass sich die Mentalität der Italiener - zumindest in einigen wesentlichen Zügen - deutlich ändern müsste. Weder dolce vita noch eine Versorgungsmentalität durch den Staat seien die angebrachten Mittel, die Probleme des Landes zu lösen.
Kritik an Links und Rechts
Monti wies die Kritik Silvio Berlusconis zurück, der in den vergangenen Tagen nicht abließ, den Chef des Expertenkabinetts für eine "desaströse Politik" verantwortlich zu machen, "die Italien noch weiter in den Abgrund geführt hat". Er könne den Gedanken des Cavaliere "nicht folgen" erklärte Monti sarkastisch und fügte in Anspielung auf dessen Gerichtsverfahren hinzu, dass es mit ihm weiterhin keine auf Einzelpersonen zugeschnittene Gesetze und keine Interessenkonflikte im Regierungsamt geben werde. "Niemals", so Monti, werde er sich an die Spitze einer von Berlusconi orchestrierten Regierungskoalition stellen.
Doch wie nach rechts, teilte Monti auch Kritik an die politische Linke aus. Er folge zwar mit Interesse den Äußerungen der Politiker wie Pierluigi Bersani oder Nicho Vendola, halte aber deren Festhalten an sozialen Gesetzen - beispielsweise dem Kündigungsschutz - in der gegenwärtigen Situation für unzeitgemäß.
Mit der Linken würde sich Monti aber wohl arrangieren müssen. Nach jüngsten Erhebungen kommen die Mitte-Links-Parteien auf rund 40 Prozent der Stimmen, Berlusconis Lager könnte mit 15 bis 20 Prozent rechnen, sein einstiger Koalitionspartner Lega Nord mit weiteren fünf Prozent.