Stacey Cunningham übernimmt als erste Frau die Leitung der New Yorker Börse. Ihr Fokus sind Technologien.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Boston. (ce) Eine Frau leitet nun die New Yorker Börse (New York Stock Exchange/NYSE). Dabei handelt es sich um eine Premiere in der 226 Jahre alten Geschichte des Finanzinstituts. Die Muttergesellschaft der NYSE, Intercontinental Exchange, gab am Montag bekannt, dass Stacey Cunningham, 43, der 67. Präsident der Börse sein wird. Die bislang als operative Leiterin tätige Cunningham wird ihren neuen Posten am Freitag antreten. Der derzeitige Präsident Thomas Farley tritt zurück, um ein neues Unternehmen zu gründen. John Tuttle, derzeit der globale Leiter der NYSE, wird den Posten des operativen Leiters übernehmen.
Bislang in männlicher Hand
Cunningham, die als Sommerpraktikantin 1994 zum ersten Mal für die NYSE gearbeitet hat, ist technisch betrachtet nicht die erste weibliche Präsidentin. Catherine Kinney fungierte von 2002 bis 2008 als Ko-Präsidentin. Damals wurde die Börse jedoch von männlichen Geschäftsführern geleitet. Jeff Sprecher, Vorsitzender und Geschäftsführer des Bereichs Intercontinental Exchange und Vorsitzender der NYSE Group, ist der Meinung, dass Cunningham nun Barrieren einreißt.
"Mehr als ein halbes Jahrhundert, nachdem Muriel Siebert die erste Frau war, die einen Sitz an der NYSE besaß, repräsentiert Stacey eine neue Generation von Führungskräften", so Sprecher. "Stacey und unser Team setzen sich dafür ein, dass die USA das Zentrum der weltweiten Kapitalmärkte bleiben."
Nach Auszeit zurückgekehrt
Cunningham erinnert sich, dass sich zu ihren Anfangszeiten die Damentoilette an der NYSE in einer ehemaligen Telefonzelle befand - sie war wegen Siebert installiert worden. Die Herrentoilette war hingegen mit Sofas ausgestattet. "Ich muss Muriel meinen Respekt zollen, denn sie hat mein Leben nachhaltig geprägt", sagte Cunningham im März der Finanznachrichtenseite "TheStreet".
Cunningham hatte einst selbst auf dem Börsenparkett gehandelt. Dann wurde sie für Papiere von Firmen wie Hersey Foods und Ethan Allen Interiors zur zentralen Figur auf dem damals sehr lebhaften NYSE-Parkett. Heute hat die Technologie die Zahl der Händler auf dem Parkett von mehr als 1000 auf einige hundert reduziert. Die Technologie hat auch den Anteil der NYSE am amerikanischen Aktienhandel reduziert. Sie wickelt heute rund 22 Prozent des gesamten Handels ab, nach 40 Prozent im Jahr 2006, so das Forschungsunternehmen Tabb Group. Im Jahr 2005 verließ Cunningham die NYSE. "Damals war das Börsenparkett noch völlig manuell, aber der Markt hatte das hinter sich gelassen, und wir hatten den Übergang zur Kombination von Technologie und Parkett noch nicht vollzogen", sagte Cunningham der "Financial Times" im vergangenen Jahr. "Es fühlte sich für mich falsch an." Von 2007 bis 2012 arbeitete Cunningham an der Technologiebörse Nasdaq, dann wieder an der NYSE und der Nasdaq. Im Jahr 2015 wurde sie operative Leiterin der NYSE.
Börse soll weiblicher werden
Cunningham steht nun vor zwei großen Herausforderungen. Die Börse überarbeitet derzeit ihre technischen Systeme, was dazu geführt hat, dass im vergangenen Monat der Handel mit Alphabet und Amazon ausgesetzt werden musste. Cunningham wird wahrscheinlich auch an der Spitze der Bemühungen stehen, die Wall Street zu einem frauenfreundlicheren Ort zu machen.
Vor einem Jahr stellte das Beratungsunternehmen State Street Global Advisors eine Statue eines Kindes namens "Fearless Girl" vor die Stierstatue in der Nähe der Wall Street. Damit sollte auf die Menge an Firmen mit weiblichen Führungskräften aufmerksam gemacht werden. Die Statue löste eine Diskussion über Frauen in der Finanzbranche aus.
Immerhin wird aber auch die Technologiebörse Nasdaq heute von einer Frau, Adena Friedman, geleitet.