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Prima Klima mit dem Elektromobil?

Von Roland Knauer

Wissen

Motoren nutzen Energie aus Akkus effizienter als aus Benzin oder Diesel.


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Berlin. Wenn Deutschland zum Leitmarkt der Elektromobilität werden soll, setzt die Bundesregierung auf eine bewährte Technik: Der französische Erfinder Gustave Trouvé ließ bereits 1881 ein dreirädriges Auto mit zwölf Stundenkilometern durch Paris rollen. Sein Elektromotor wurde von der Energie aus sechs Bleiakkus angetrieben, wie sie heute noch als "Starterbatterie" in fast jedes Benzinauto eingebaut werden. Erst vier Jahre später bastelte Carl Benz an seinem Dreirad mit Verbrennungsmotor. Daraus wurde dann das moderne Auto, das Benzin oder Diesel verbrennt, dabei aber Treibhausgase produziert und so das Klima belastet.

Mit der Renaissance der Elektromobilität will die Regierung nun das Klima entlasten. "Selbst wenn der Strom in modernen Kohlekraftwerken erzeugt wird, ist ein Elektroauto für das Klima etwas besser als ein Auto mit Verbrennungsmotor", bestätigt der Klimaforscher Hartmut Graßl, ehemaliger Direktor am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie, diesen politischen Kurs.

Vorteile des Elektroantriebs

Ein Elektromotor hat einen weit höheren Wirkungsgrad und nutzt die im Akku gespeicherte Energie viel besser aus als ein Verbrennungsmotor die im Benzin oder Diesel steckende Energie. "Je mehr Elektroautos beim immer weniger Kohlendioxid pro Kilowattstunden emittierenden Strommix fahren, umso besser wird die Klimabilanz", erklärt Graßl, der schon in den 80er Jahren vor dem Klimawandel warnte und heute Berater im Austrian Climate Research Programme ist.

1990 deckten erneuerbare Energien wie Wasserkraft, Biomasse, Windkraft und Fotovoltaik erst 3,4 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs, 2010 war der Anteil auf 16,5 Prozent gestiegen. Bis 2020 möchte die Regierung 35 Prozent der Elektrizität aus Windkraft und Co. beziehen, manche Experten halten sogar 40 Prozent für möglich. Mit jedem Prozent mehr erneuerbarer Energie steigt der Vorteil des Elektroantriebs und die Klimabilanz wird verbessert. Gleichzeitig verbessert eine wachsende Flotte von Elektroautos auch den Ausbau nachhaltiger Energieversorgung.

Wind und Sonne liefern unregelmäßig Energie, weil die Sonne oft mal hinter Wolken verschwindet und der Wind manchmal pausiert. Auch schwankt der Verbrauch. Wenn an einem Arbeitstag um 10 Uhr am Vormittag die Computer auf Hochtouren laufen und Unternehmen allgemein viel Strom brauchen, werden die Reserven langsam knapp. Zeitgleich stehen aber die Autos der Arbeitnehmer längst nicht mehr im Stau, sondern auf einem Parkplatz. "Über eine Steckdose können Elektrofahrzeuge dann einen Teil der zusätzlich benötigten Energie liefern", meint Graßl.

Wird mehr Energie produziert als verbraucht, können die Akkus wieder geladen werden. Da Autos ohnehin die meiste Zeit stehen, könnten sie Schwankungen in Angebot und Nachfrage von Elektrizität puffern. "Damit könnten die Besitzer von Elektroautos vielleicht sogar etwas Geld verdienen", überlegt Graßl. Je mehr Elektroautos also auf den Parkplätzen stehen, umso besser puffern sie die Schwankungen.

Die Infrastrukturmaßnahmen dafür sind überschaubar, eine Steckdose an jedem Parkplatz und intelligente Abrechnungssysteme genügen. Solche Maßnahmen meint Graßl mit seinem Satz "Wir sollten unser Hirnschmalz für Dinge verwenden, die uns wirklich weiterbringen, statt eine weitere halbe Milliarde Euro in die Verbesserung von Zylinderkopfdichtungen zu stecken."

Problem Reichweite

Damit meint er auch die Einführung vieler neuer Elektrofahrzeuge, die aber an einem Wermutstropfen scheitern könnte - der "Reichweite": Während ein herkömmlicher Pkw mit einer Tankfüllung mehr als 500 Kilometer weit kommt, hält der Fahrer eines Elektroautos schon nach 100 Kilometern Ausschau nach einer Steckdose. Das liegt daran, dass ein Kilogramm einer Lithium-Ionen-Batterie weit weniger Energie speichert als die gleiche Menge Treibstoff. Neue Akku-Techniken mit höherer Energiedichte sind derzeit noch Forschungsprojekte.

Trotzdem sieht Graßl Elektroautos nicht als reine Stadtautos. Schließlich teilen sie mit den anderen ein Manko: Sie brauchen viel Energie, um hohe Geschwindigkeiten zu erreichen, und sind dann relativ schwer, um die Sicherheit für den Fahrgast auch bei hohem Tempo zu gewährleisten. Wird also die Leistung der Maschine deutlich reduziert, die Höchstgeschwindigkeit gedrosselt und das Auto leicht gebaut, sind auch mit heutigen Lithium-Ionen-Akkus Reichweiten wie bei den übrigen Autos möglich. Damit aber verbessert sich nicht nur die Akzeptanz, sondern auch die Klimabilanz weiter, weil leichte Fahrzeuge weniger Energie pro hundert Kilometer brauchen. Die deutsche Automobil-Industrie scheint diese Rechnung zu kennen, vermutet Graßl: "Die Autofirmen haben jüngst sehr viele Elektroingenieure eingestellt!"