Der Dritte Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn glaubt weder in der Frage der Harmonisierung noch bei der ÖBB-Reform an eine Einigung mit den Sozialpartnern. Kritik übt der ranghohe FPÖ-Politiker und Papier-Industrielle hier aber auch am Koalitionspartner ÖVP.
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"Wiener Zeitung": Die Opposition schießt sich seit Monaten auf Finanzminister Karl-Heinz Grasser ein. Wie lange hat die FPÖ noch Nachsicht mit ihrem Ex-Parteimitglied?
Prinzhorn: Das ist keine Frage von Nachsicht, sondern von Recht und Unrecht. Ich verstehe den Unmut Grassers über das lange Verfahren, das ist eines Rechtsstaates unwürdig. Aber vielleicht hätte man im Rückblick auch den Sozialfonds und den Verein besser vorbereiten können.
"Wiener Zeitung": Um den Österreich-Konvent ...
Prinzhorn: ... ein einziges Trauerspiel!
"Wiener Zeitung": ... ist es ruhig geworden. Ist hier noch mit einem großen Reformwurf zu rechnen?
Prinzhorn: Ich habe die Hoffnung auf eine strukturelle Bundesstaatsreform fast aufgegeben. Die Verfassung wird sicherlich etwas übersichtlicher werden, mehr aber auch nicht. Die Abschaffung der mittelbaren Bundesverwaltung oder die Einführung einer Einnahmenverantwortung für die Länder spielen keine Rolle mehr.
"Wiener Zeitung": Warum macht dann die FPÖ hier nicht den nötigen Druck?
Prinzhorn: Zum einen haben wir zu wenige Vertreter im Konvent. Das Problem ist: Wie münze ich so abstrakte Fragen wie die unmittelbare Bundesverwaltung in Schlagzeilen um? In der Wirtschaft geht das leicht: Hier feuern die Aktionäre einfach den Generaldirektor. Beim Staat sind gewissermaßen die Steuerzahler die Aktionäre, doch die empfinden gegenüber der Verwaltung ein Gefühl der Ohnmacht. Dazu kommt ein ohnehin vorhandener Veränderungsunwille bei vielen. Bestes Beispiel dafür sind die Bezirksgerichte und Spitäler. Aber ohne massive Reformen bei der Verwaltung gelingt es nicht, die Abgabenquote unter 40 Prozent zu drücken.
"Wiener Zeitung": Bei der Pensionsreform 2003 wurden die Sozialpartner nicht gefragt, bei der Harmonisierung sitzen sie wieder mit am Verhandlungstisch.
Prinzhorn: Die Gewerkschaft wurde integriert, nur gibt sie heute selbst zu, dass sie einer Reform gar nicht hätte zustimmen können, weil eine solche nicht ihrem Selbstverständnis entspricht. Ich betrachte die Gewerkschaft als Vorfeldorganisation der Opposition - und dort, wo sie der ÖVP nahe steht, bereitet sie dieser selbst genügend Schwierigkeiten.
"Wiener Zeitung": Die Verhandlungen zur Harmonisierung kommen nur schleppend voran.
Prinzhorn: Ich rechne weder bei der Harmonisierung noch bei den Verhandlungen mit dem ÖBB-Management über ein neues Eisenbahner-Dienstrecht mit einer Einigung mit der Gewerkschaft. In diesem Fall muss die Regierung eben selbst handeln. Bei den Pensionen soll eine gerechte Lösung kommen, dazu müssen wir jedoch zuerst die Zahlen außer Streit stellen, um zu verhindern, dass die Opposition Verwirrung stiftet.
"Wiener Zeitung": Die irreführenden Berechnungen über die Harmonisierungskosten bei den Beamten kamen aber aus dem Regierungslager.
Prinzhorn: Diesmal kamen sie von ÖVP-Experten, deshalb sind wir hier gegenüber der ÖVP sehr kritisch. Bei den Pensionen muss endlich Schluss sein mit der Zwei-Klassen-Gesellschaft. Dass sich die Verhandlungen so in die Länge ziehen, spricht ja Bände. Hier müssen wir dem Partner eben ein bisschen auf die Sprünge helfen. Allerdings muss auch auf das Budget Rücksicht genommen werden. Bis zum Sommer muss jedenfalls der Entwurf zur Harmonisierung ausverhandelt sein.
"Wiener Zeitung": Bei der FPÖ scheint endlich Ruhe eingekehrt zu sein.
Prinzhorn: Vielleicht waren diese Turbulenzen notwendig, um der Partei eine breitere personelle Führung zu geben. Mit Hubert Gorbach ist das jetzt eindrucksvoll gelungen, die Koalition ist wieder stabil.
"Wiener Zeitung": Droht von den Landtagswahlen am 7. März neue Unruhe?
Prinzhorn: Das glaube ich nicht, und selbst wenn: Das Verlieren von Wahlen ist oft Voraussetzung für den nächsten Sieg.
"Wiener Zeitung": Sehen Sie in Wien eine Rolle für Jörg Haider, sollte er nicht mehr zum Kärntner Landeshauptmann gewählt werden?
Prinzhorn: Haider hat immer eine Rolle. Er ist ein innovativer Politiker, der eben auch aneckt und neue Wege beschreitet. Solche Personen haben aber auch die Aufgabe zu überzeugen.
Das Gespräch führte Walter Hämmerle