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Privatanleger sind nicht erwünscht

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Beim zweiten Börsegang des Linzer Stahlkonzerns Voest wird sich die ÖIAG vorerst nur von 7,78 Mill. Aktien trennen - ursprünglich hätten es 9,76 Mill. Aktien sein sollen. "Für die Voest-Privatisierung hätte sich die ÖIAG mehr Zeit nehmen müssen", betont Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger gegenüber der "Wiener Zeitung". Mit Rücksicht auf die Landtagswahlen in Oberösterreich wäre es klüger gewesen, zuerst Böhler-Uddeholm und dann die Voest zu verkaufen, und diesen schweren Brocken auf alle Fälle in zwei Tranchen.


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"Eigene Informationen für Kleinanleger gibt es gar nicht, denn wir waren unerwünscht. Das ist eine Zumutung." Rasinger hält die "Voesterreicher" Werbekampagne für eine "Alibiaktion" und sieht seine Klientel schlecht behandelt. Die Prospekte wurden nur in kleingedrucktem und schwer verständlichem Wirtschaftsenglisch abgefasst. Als Rasinger dies monierte, wurde ihm entgegnet, eine Übersetzung wäre zu mühsam gewesen.

Weitere Kritik: Die Investmentbank JP Morgan habe sich nur an den Wünschen der institutionellen Anleger orientiert. "Das ist ärgerlich." Wo doch die Voest-Aktie als Volksaktie gedacht war. Den Kleinanlegern wurden aber lediglich 250 Stück pro Person zugesichert, ein "Behaltebonus" von üblicherweise 5% wurde nicht gewährt. Auch dass Kleinanleger bei der Wandelanleihe durch die Finger schauen, hält Rasinger für nicht fair. Von der "Wiener Zeitung" befragte Bankanalysten pflichten Rasinger bei. Schon das Mindestnominale der 3-jährigen Wandelanleihe von 50.000 Euro mache sie nur für Finanzinvestoren interessant.

Teure Berater

Statt eigene Entscheidungen zu treffen, verschanzen sich die ÖIAG-Vorstände hinter Kohorten teurer Investmentberater und Rechtsanwälte und beweisen damit "ihre Schwäche". Rasinger: "Ich möchte gerne wissen, wie hoch die Beraterkosten waren. Die Ratschläge gehen an der Realität vorbei."

Der Kämpfer für die Kleinanleger hält die Voest-Aktie zwischen "32 und 35 Euro fair bewertet". Am späten Donnerstag abend wurde seine Erwartungen bestätigt - der ÖIAG-Aufsichtsrat fällte eine salomonisches Urteil und legte den Ausgabekurs auf 32,50 Euro fest, was genau dem Donnerstag-Schlusskurs an der Börse entsprach. In den letzten Tagen wurde via Medien kolportiert, dass die Nachfrage nach Voest-Anteilen relativ gering sei. Rasinger hält dies für eine bewußt lancierte Ente seitens der institutionellen Anleger, um den Kurs niedrig zu halten. "Ich habe den Eindruck, dass mit solchen Angaben Stimmung gemacht wird." Dass der Kurs in den vergangenen Wochen von 37 auf 32 Euro gefallen sei, sei auch kein Zufall. Ihm gegenüber hätten die Experten in den Banken von einem "erstaunlich großen Interesse" gesprochen. Auch viele Kleinanleger würden trotz der widrigen Umstände zugreifen.

Rasinger schätzte Donnerstag nachmittag, dass der Kurs beim Börsegang in der Nähe des derzeitigen Kurses liegen wird. "Sonst gibt es Erklärungsbedarf." Bei Kapitalmarktexperten herrscht Unverständnis über den "Schnellschuss". Bei einem überlegten und gut vorbereiteten Börsegang wäre weit mehr drin gewesen. Mancher Experte hat mit 45 Euro gerechnet.

Dass Banken wie die Raiffeisenlandesbank OÖ sich rechtzeitig günstige Voest-Aktien sichern wollen, sei im Hinblick auf die Pensionsvorsorgeprodukte verständlich, so ein Analyst. Die Voest sei ein Unternehmen mit guter Absicherung und hoher Dividende, und davon gebe es in Österreich nur 10. Dass Voest-Chef Franz Struzl seinen angekündigten Rücktritt wieder rückgängig macht, hält Rasinger für keine gute Idee: "Ich werde schmunzeln, wenn sein Rücktritt gar zu einem Kursanstieg führt."

Oberösterreichs SP-Vorsitzender Erich Haider droht mit einer Klage, sollte die Technologie und Marketinggesellschaft (TMG) nicht 15% der Aktien erhalten. ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch lehnt die Privatisierung überhaupt ab. Er nennt es eine "Verdummungsinseratenaktion, die den Leuten weismacht: Das Familiensilber wird nicht verscherbelt, Du kannst es noch einmal kaufen".

http://www.voest.at