Mit dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember macht ein weiterer Privatbahnbetreiber den ÖBB Konkurrenz.
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Wien/Prag. Der Eintritt auf den österreichischen Markt soll das eigene Netz komplettieren, sagt der Sprecher des privaten tschechischen Eisenbahn-Betreibers Regiojet, Ales Ondruj. Das neue Angebot möchte in erster Linie Autofahrer und Buspassagiere ansprechen, nicht Fahrgäste anderer Bahnen abwerben. "Wir wollen das Busangebot zwischen Prag und Wien reduzieren oder gänzlich einstellen", sagt Ondruj im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Denn ab 10. Dezember wird Regiojet zwischen diesen beiden Städten täglich mit vier Zügen in jede Richtung unterwegs sein. "Der Zug vermittelt höheren Wert, wir erwarten vermehrt Passagiere vom Bus, die auf die Bahn wechseln."
Vier Klassen bietet Regiojet auf der Schiene an: In den drei Klassen Business, Relaxed und Standard werden Trinkwasser, Kaffee, Tee und Apfelsaft, Zeitungen und WLAN gratis angeboten. Die vierte Klasse ist das Low-Cost-Segment. Auch hier gibt es Zeitungen, Wasser und WiFi ohne Aufzahlung, allerdings ohne weiteren Service. Doch kann dort gratis Fahrradmitnahme gebucht werden. In den drei anderen Klassen kümmert sich ein Steward um die Reisenden jeweils zweier Waggons.
Kein Speisewagen,aber Speisenangebote
Das Ticket für den Regiojet enthält automatisch eine Platzreservierung. Schaffner sind deshalb nicht nötig. Allerdings nimmt ein Steward Bestellungen entgegen, gibt sie an das Küchenabteil weiter und serviert an den Platz: Sushi um drei Euro, kaltes Schnitzel, Salat, Kuchen. Über Speisewagen verfügt Regiojet nicht. "Wir wollen nicht, dass sich die Leute Essen daheim vorbereiten oder Baguettes vor der Reise kaufen", erklärt Sprecher Ondruj. "Jeder kauft im Zug etwas", meint er, womit diese Art von Catering einträglicher als ein Speisewagen sein könnte. "Reisen ist langweilig", fügt der Firmensprecher hinzu. Deshalb gebe es nicht nur Speiseangebote, sondern auch in die Lehnen der Vordersitze eingebaute Bildschirme - in der Bahn ebenso wie in den Bussen. 15 Filme stehen zur Auswahl.
Begonnen hat alles Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Damals gründete der heutige Alleineigentümer Radim Jancura ein Service-Unternehmen mit dem Namen Student Agency zur Unterstützung tschechoslowakischer Studenten im Ausland. Heute ist das Unternehmen Tschechiens Nummer eins als Reisebüro im Verkauf von Flugtickets. Student Agency heißt die gesamte Gruppe noch immer. Die knallgelb gestrichenen Busse und Bahnen sind aber inzwischen als Regiojet unterwegs.
2004 stieg Jancura mit seinem Unternehmen ins Busgeschäft ein. Inzwischen ist diese Sparte mit rund 200 Fahrzeugen Tschechiens größter und ältester Busbetrieb. Im Jahr 2011 gelang der Sprung ins Eisenbahngeschäft. "Jährlich wollen wir eine Linie in Betrieb nehmen", sagt Ales Ondruj, wobei der Fokus auf dem tschechischen Netz liege. Regiojet verfügt über eine Flotte von 160 Reisezugwagen, die für 200 Stundenkilometer ausgelegt sind.
Es handelt sich dabei um ehemalige Schweizer und österreichische Waggons 1. und 2. Klasse. Die Sitze sind durchgehend aus Leder. Vor zwei Jahren wurden Neuwagen angeschafft, nächstes Jahr treffen neuerlich Waggons ein, die bei Astra in Arad, Rumänien, für Regiojet gefertigt werden. Auch Schlafwagen wurden von den ÖBB erworben, denn das Unternehmen führt auf der 700 Kilometer langen Strecke zwischen Prag und Kosice auch einen Nachtzug mit bis zu 15 Waggons. 3000 Menschen arbeiten bei Student Agency, 2000 davon bei Bus und Bahn. Auf der Schiene werden im Jahr acht Millionen Fahrgäste befördert, fünf im Intercity- und drei im Regionalverkehr.
Tschechische Staatsbahn profitierte bisher von Regiojet
Der Fahrpreis zwischen Prag und Wien wird sich an jenem des Autobusses orientieren und zwischen 15 und 29 Euro liegen. Möglich sei das laut Ondruj aufgrund schlanker Managementstrukturen. Dumpinglöhne wären nicht der Grund: Tschechien sei das EU-Land mit der geringsten Arbeitslosigkeit von etwa zwei Prozent. "Die Suche nach Mitarbeitern ist ein absolutes Desaster", sagt Ondruj.
Partner von Regiojet auf dem ÖBB-Netz wird die dem österreichischen Staat gehörende Graz-Köflacher Bahn (GKB) sein, die in der Weststeiermark zu Hause ist. Die Österreichischen Bundesbahnen und die Tschechische Staatsbahn brauchen die neue Konkurrenz allerdings nicht zu fürchten: Denn überall, wo Regiojet in den vergangenen Jahren in Tschechien Zugverbindungen neu angeboten hat, sind Passagiere hinzugekommen. Tschechiens staatliche Bahngesellschaft CD habe keine Rückgänge bei den Fahrgastzahlen erlitten, versichert Regiojet-Sprecher Ondruj. "Neuer Wettbewerb bringt neue Passagiere, das ist gut für den alten und den neuen Betreiber."
Die Verbindung Prag-Ostrava brachte der Strecke mit dem Einstieg von Regiojet einen 100-prozentigen Passagierzuwachs. Als das Unternehmen mit dem Schienenverkehr zwischen Prag und Brünn begann, meinte es, seinen parallelen Busverkehr einstellen zu können. Doch die Nachfrage nahm nicht ab. Mit der Zugverdichtung durch die Züge nach Wien hofft man, dies aber nun tun zu können.