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Private Eye oder "ich fürcht mich"!

Von werner hauser

Gastkommentare
Werner Hauser ist FH-Professor für öffentliches und privates Wirtschaftsrecht an der FH Joanneum in Graz.

Von einem Privatdetektiv darf laut OGH-Urteil nicht verlangt werden, dass er darüber aufklärt, in wessen Auftrag er tätig geworden ist.


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Weitgehend unbemerkt von der (interessierten) Öffentlichkeit hat der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) bereits am 22. Jänner 2014 eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen (3 Ob 197/13m): Wenn Sie von einem Privatdetektiv observiert werden, können Sie zwar von diesem unter Zuhilfenahme des zuständigen Zivilgerichts eine entsprechende Unterlassung seines Observierungsverhaltens verlangen; nicht jedoch kann in derartigen Fällen vom Privatdetektiv verlangt werden, dass er darüber Aufklärung bietet, in wessen Auftrag er tätig geworden ist. Diese Entscheidung des OGH wird dem Kläger, einen reichen Erben, der sich plötzlich verfolgt gesehen hat, wohl nicht in seinem berechtigten Sicherheitsgefühl als österreichischer Staatsbürger bestärken. Dies umso mehr, als an mehreren Kraftfahrzeugen des Verfolgten sogar GPS-Peilsender der Detektei angebracht waren.

Im Wesentlichen begründete der OGH seine Entscheidung damit, dass zum einen der Berufsdetektiv der "staatlich anerkannten Verschwiegenheitspflicht" durch die Gewerbeordnung unterliegt und andererseits eine gesetzliche Auskunftsverpflichtung der Detektei nicht grundgelegt sei. Zwar gesteht der OGH zu, dass der Kläger und seine Familienangehörigen "die detektivische Observierung als unangenehm empfunden hätten", doch sei schließlich die "Herstellung eines rechtlich relevanten Zusammenhangs zwischen einer als möglicherweise als unangenehm empfundenen Situation und dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht schwierig".

Was ist daraus zu lernen? Ganz einfach: Nicht nur in- und ausländische (staatliche) Organisationen sind nahezu grenzenlos dazu in der Lage, jeden einzelnen und jede/r einzelne/r Bürger/in auf das "observatorische Korn" zu nehmen - und jetzt bestätigt auch der OGH, dass die diesbezüglichen Möglichkeiten für private Überwachungen (sofern das im Wege einer gewerbebehördlich genehmigten Detektei passiert) für die/den Auftraggeber/in (mangels entsprechender Identifikation) folgenlos bleibt.

Der OGH hat in seiner Entscheidung letztendlich für eine "Waffengleichheit" zwischen öffentlichen ("public eye") und privaten "Spitzel" ("private eye") gesorgt; nach dem Motto: "Was ein Geheimdienst darf (oder nicht darf), darf ein Privater schon lange!"

Da die Zeiten schon lange vorbei sind, wo "das Fürchten noch etwas geholfen" hat, gilt es rasch dafür zu sorgen, dass der Gesetzgeber dem berechtigten Interesse nach umfassendem Schutz der Privatsphäre Rechnung trägt, indem etwa

das (spezielle) Datenschutz- und Medienrecht diesbezüglich umfassend adaptiert wird,

damit korrespondierend im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch für ein differenziertes und ausgewogenes Regelwerk zum Schutz der Privatsphäre gesorgt wird und vor allem

die einschlägigen rechtspflegenden Berufsgruppen mit ausreichenden personellen und sachlichen Ressourcen ausgestattet werden, damit sie effektiven Rechtsschutz (auch) für diese überaus sensiblen gesellschaftlichen Problembereiche bieten können.

Hoffentlich sind die Zeiten noch nicht vorbei, wo das "Wünschen noch etwas geholfen hat"!