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Privatgymnasium mit Werkstatt

Von Barbara Ottawa

Politik

Am Gymnasium zur Matura eine Schneefräse bauen. Das hat ein Absolvent des Werkschulheimes Felbertal in Salzburg gemacht. Heute studiert er Technische Medizin und vertreibt nebenbei das von ihm entwickelte Schneeräumgerät. Nun feiert diese Schule, die man als maturierter Geselle und geselliger Maturant abschließen kann, ihr 50-jähriges Bestehen.


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"Wir setzen auf Persönlichkeitsbildung und ganzheitliche Pädagogik", erläuterte Hans Bigenzahn letzte Woche in Wien die Philosophie des Werkschulheimes. Durch die zusätzliche handwerkliche Ausbildung werde eine ganz andere Seite in den Schülern angesprochen, als im Gymnasium. Der Abschluss der Schule bietet eine Doppelqualifikation: Matura und Lehrabschlussprüfung.

1951 wurde die Schule gegründet - am 13. Oktober wird im Felbertal gefeiert -, um jungen Leuten nach dem Krieg eine gute Ausbildung zu bieten. War die Bildungseinrichtung zunächst noch in einer Berghütte beherbergt, übersiedelte das Privatgymnasium 1954 ins Felbertal, noch immer relativ abgeschieden, aber modern.

Das Gymnasium bietet "Allgemeinbildung humanistischer Prägung", formulierte Bigenzahn, wobei ein Schwerpunkt auf Informatik liegt. Bereits in der Unterstufe beginnt der verstärkte Werkunterricht mit fünf Wochenstunden. Mitte der vierten Klasse muss man sich entscheiden, welchen Weg in der Lehrausbildung man einschlägt: Tischlerei, Maschinenbau oder Elektronik (seit heuer zu Mechatronik umgestaltet). Doch schon die Produkte, die die Unterstufenklassen fertigen, können sich sehen lassen. Ein Projekt in jedem Jahrgang umfasst den Bau eines Saiteninstrumentes, letztes Jahr war es ein Banjo.

Zeitintensiver aber sicherlich auch vielseitiger

Neun Jahre dauert die Ausbildung an diesem speziellen Gymnasium insgesamt, sonst wäre für das zusätzliche Erlernen der handwerklichen Fähigkeiten keine Zeit. Am Beginn der neunten Klasse erfolgt die Lehrabschlussprüfung. Das Gesellenstück muss schon vor dem Sommer fertig sein. Die Projektarbeit zählt, ähnlich wie eine Fachbereichsarbeit, für die Matura, die am Ende der neunten Klasse abgehalten wird.

"Es ist intensiver als ein normales Gymnasium aber es ist zu schaffen", erzählte Alexander Zechmann, selbst im letzten Jahr am Werkschulheim Felbertal. Er hat den Tischlereizweig gewählt. "Das Zusammenleben im Internat hilft bei der Bewältigung des Lernstoffes", so der Schüler weiter. "Internat ist nicht schlimm - ganz im Gegenteil."

Die insgesamt etwa 200 Schüler sind in Kleingruppen je einem Erzieher zugeteilt, der Ansprechpartner für alle Probleme ist. Er begleitet seine "Schützlinge" von der zweiten bis zur achten Klasse, dann sind sie alt genug, so die Philosophie am Werkschulheim. "'Erzieher' ist eigentlich das falsche Wort", so Zechmann, "es ist eher ein Freund, zu dem ein gewisses Respektverhältnis besteht." Auch Günther Ketterer, Erziehungsleiter, betonte die freundschaftliche Beziehung zu den Schülern. Die 24 Schülerinnen sind derzeit nur am Tag in der Schule und fahren am Abend nach Hause. Aber auch für Mädchen soll in Zukunft eine Internatsmöglichkeit bestehen. Die Jugendlichen kommen nicht nur aus ganz Österreich, sondern auch aus Deutschland oder Südtirol.

Finanziert wird die Schule, die über einen Verein organisiert ist, außerdem durch staatliche Unterstützung, Spenden und natürlich das Schulgeld.

http://www.werkschulheim.at