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Eine positive Bilanz zog Wirtschaftskammer-Präsident Leopold Maderthaner zum Abschluss des zweitägigen Besuches in Teheran an der Spitze einer österreichischen Wirtschaftsdelegation mit über 100 | Firmenrepräsentanten. Bundespräsident Thomas Klestil habe im Iran als "Türöffner" mehrere bilaterale Vereinbarungen bzw. Absichtserklärungen bewirkt. Mit dem vom iranischen Staatspräsidenten Mohammad | Khatami präsentierten Fünfjahresplan, der massive Privatisierungen und Infrastruktur-Investitionen vorsieht, würden sich gute Geschäftschancen für österreichische Exporteure eröffnen.
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Abgeschlossen werden konnte in Teheran · wie berichtet · ein Investitionsschutzabkommen, das künftige Investitionen im Iran zusätzlich begünstige. Die strittigen Punkte wie Entschädigungen für
zugesagte aber nicht realisierte Projekte oder die Schiedsgerichtsbarkeit konnten während des Besuches ausgeräumt werden.
Wechselvolle Wirtschaftsgeschichte
Nach dem Ende des Krieges gegen den Irak wurde im Iran ein Wiederaufbauprogramm umgesetzt, das von 1987 bis 1992 zu einer Belebung des Handels auch mit Österreich, in der Folge aber auch zu einer
Zahlungskrise führte, heißt es im Wirtschaftsbericht der Außenhandelsstelle Teheran.
Erst nach Umschuldungsverhandlungen mit den wichtigsten Handelspartnern kam es 1996 zu einer neuerlichen Dynamik im Außenhandel. Da die iranische Zentralbank die Rückzahlungsraten pünktlich bezahlte,
konnten wieder Kreditlinien von Exportfinanzierungsinstitutionen eröffnet werden. Die offene Finanzierungspolitik der Oesterreichischen Kontrollbank hätte heimischen Exporteuren geholfen, ihre
Marktanteile im Iran zu halten bzw. teilweise sogar auszubauen.
Mit dem Einbruch des Erdölpreises um 30% im Budgetjahr 1998/99 stieg das iranische Budgetdefizit auf 5% des BIP, das Wirtschaftswachstum fiel von 2,9% auf 1,7% und die Inflationsrate stieg von 17%
auf 20%. Diese Entwicklung bedingte ein Leistungsbilanzdefizit von 2,2 Mrd. Dollar nach 1,6 Mrd. Dollar Überschuss. Für die wichtigsten Einfuhren wie auch zur Bedienung des Schuldendienstes wurden
die Devisenreserven herangezogen.
Schon im August 1998 erarbeitete die iranische Regierung einen Rehabilitierungsplan, der bereits die wesentlichen Ziele des neuen 5-Jahresplans 2000 bis 2005 festlegt: Vereinheitlichung der
Wechselkurse, Verringerung der Erdölabhängigkeit (derzeit etwa 75% der iranischen Exporte von zuletzt insgesamt rund 13 Mrd. Dollar), Abbau von Subventionen, marktgerechte Preise, Bürokratieabbau und
ein Wirtschaftswachstum von 6% (nach 3,2%). Mittelfristig sei mit Entspannung zu rechnen, analysiert die Außenhandelsstelle: Der Ölpreis stieg wieder, 2001 sei der Iran von den
Umschuldungsverpflichtungen befreit.
Wichtig sei gewesen, dass sich die österreichische Wirtschaft vor Anlaufen des neuen 5-Jahresplans im Iran präsentiert hätte, resümierte Maderthaner den Besuch. Chancen bestünden dadurch in den
Bereichen Infrastruktur, Bahn und Straße, Telekommunikation und Energie, Industrieanlagen, im Gesundheitswesen und im Tourismus.
Monopole fallen, neue Investitionsmodelle kommen
Zur Modernisierung der Erdölproduktion bietet die "National Iranian Oil Company" (NIOC) ausländischen Investoren Buy-Back- und Build-Operate-Transfer (BOT) -Verträge an, die OMV verhandle mit
guten Zuschlagschancen. Im Herbst wird die Gemischte iranisch-österreichische Wirtschaftskommission in Wien tagen, bis dahin sollten auch neue Konzepte heimischer Anbieter etwa für Tourismusprojekte
im Iran vorliegen, sagte Wirtschaftsminister Hannes Farnleitner.
Der aktuelle Budgetvoranschlag basiere auf einer "Minimalannahme der Erdöleinnahmen", erklärte Khatami, alle Mehreinnahmen sollen in Infrastrukturprojekte fließen. "Alle Bevölkerungsschichten sollen
Zugang zu einem guten Lebensstandard haben", betonte der Staatspräsident, der mit einem Plus von 7,1% an privaten, ausländischen bzw. von 5,5% staatlichen Investitionen pro Jahr rechnet. Vorgesehen
ist dafür eine Verzinsung von 5% im öffentlichen Sektor bzw. 8,5% für den privaten Sektor.
Fallen sollen laut Plan die Staatsmonopole bei Post, Bahn, in der Zucker- und der Tabakindustrie. Ziel sei, mehr als 30% (derzeit 10 bis 15%) der iranischen Wirtschaft zu privatisieren, es bestünde
"der feste Wille und die Entschlossenheit", modernes Management zu etablieren, betonte Khatami. Geschaffen werden sollen in dem rund 61 Millionen Einwohner zählenden Land pro Jahr 760.000 neue
Arbeitsplätze für Jugendliche · etwa 32 Millionen Iraner sind derzeit unter 20 Jahre alt.
Siemens und VA Tech sind im Rennen
Österreichs Handel mit dem Iran hat ein Volumen von rund 3 Mrd. Schilling, davon entfallen etwa 2,8 Mrd. Schilling auf österreichische Exporte · vorwiegend Investitionsgüter. Die geringen Importe
(Teppiche, Pistazien) resultieren vor allem daraus, dass Österreich kaum Erdöl aus dem Iran bezieht.
Im Rahmen des Iran-Besuches konnten Siemens und die VA Tech Projekte wie den Bau einer zweiten U-Bahn in Teheran abschließen, die ein Volumen von 4 Mrd. Schilling "in der ersten Phase" hätten, wie
Maderthaner sagte. 20 österreichische Firmen haben derzeit Niederlassungen im Iran, das erste iranisch-österreichische Joint-Venture in der Zollfreizone Chabahar am Persischen Golf soll noch 1999
operativ werden.