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Privatisierungen: Wohin geht die Reise nach der Wahl?

Von Karl Leban

Wirtschaft

ÖVP und BZÖ sind für weitere Entstaatlichung. | SPÖ, Grüne und auch FPÖ votieren für | Privatisierungsstopp. | Wien. Auf Bundesebene ist das Privatisierungspotenzial nach dieser Legislaturperiode weitgehend ausgeschöpft. Gemäß dem Privatisierungsauftrag der Regierung hat die Staatsholding ÖIAG ihre restlichen Anteile an den großen Industriebetrieben Voestalpine, Böhler-Uddeholm und VA Tech verkauft. Versilbert wurden auch weitere Staatsanteile an der Telekom Austria, der steirische Erzberg wurde in eine Stiftung eingebracht, und erst vor wenigen Monaten wurde ein Minderheitsanteil an der Post AG an der Börse breit gestreut.


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Aus diesen Privatisierungen sind der ÖIAG in den letzten vier Jahren gut drei Milliarden Euro in die Kassen geflossen. Erstmals seit dem milliardenschweren Finanzdesaster der ehemaligen "Verstaatlichten" in den 80er und 90er Jahren gilt die ÖIAG damit als schuldenfrei. Der Wert der Beteiligungen, die ihr verblieben sind, ist trotz der Anteilsverkäufe kräftig gestiegen - von 4,6 auf 7,4 Mrd. Euro, wofür das freundliche Börsenklima in Wien verantwortlich zeichnete.

ÖIAG hält nur mehr vier große Beteiligungen

Das Portfolio der ÖIAG umfasst noch vier nennenswerte Beteiligungen: Telekom Austria (25,4 Prozent), OMV (31,5 Prozent), AUA (39,7 Prozent) und die Post (51 Prozent). Wohin die Reise nach der Nationalsratswahl geht, ob also der bisherige Privatisierungskurs fortgesetzt wird oder nicht, bleibt abzuwarten. Vieles hängt von der politischen Konstellation der nächsten Bundesregierung ab.

Am deutlichsten befürwortet die ÖVP weitere Privatisierungen - "dort, wo es sinnvoll ist und kein Marktversagen herrscht", wie betont wird. Dabei profitieren sollen vor allem die Mitarbeiter - durch einen weiteren Ausbau der Mitarbeiterbeteiligung nach dem Vorbild der Voest und der Post.

Sozialdemokraten

gegen "Verkaufsorgie"

Im Gegensatz zur Volkspartei spricht sich die SPÖ für einen Privatisierungsstopp aus. Nach der "Verkaufsorgie" unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, bei der öffentliches Eigentum "weit unter seinem Wert verscherbelt" worden sei, werde es Aufgabe einer künftigen Regierung sein, "das verbliebene Vermögen zu steigern statt es an große Anleger zu verschenken". Auch die Grünen streben keine weiteren Privatisierungsschritte an. Aus ihrer Sicht ist öffentliches Eigentum zwar "kein Selbstzweck, aber bei gewissen Infrastruktur-Einrichtungen unverzichtbar".

Ebenso wie die Grünen ist die FPÖ "überall dort", wo es um vitale Grundversorgung geht, gegen Privatisierungen, kritisiert gleichzeitig aber, dass sich Länder eigene Banken halten, die der öffentlichen Hand in der Vergangenheit viel Geld gekostet hätten (etwa die Bank Burgenland). Für das BZÖ sind Privatisierungen kein Selbstzweck: "Sichergestellt sein muss ein wettbewerbsfähiger funktionierender Markt bei gleichzeitigem Schutz überlebenswichtiger gesamtstaatlicher Interessen - Stichwort 'Ausverkauf des Wassers'." Kurios erscheint die Position der KPÖ: Die Kommunisten sind dezidiert gegen weitere Privatisierungen, sie treten für einen öffentlichen Investitionsfonds ein, über den ehemalige Staatsbetriebe zurückgekauft werden sollten. Kein Statement zu Privatisierungen gab es von der Liste Hans Peter Martin.

Wesentlich mehr Einigkeit herrscht unter den Parteien, was künftig mit der ÖIAG geschehen soll. Weil die übrig gebliebenen Beteiligungen der Staatsholding primär Infrastruktur-Unternehmen sind, stehen ÖVP, SPÖ, Grüne, aber auch FPÖ und BZÖ einer Umwidmung der ÖIAG in eine Infrastrukturholding positiv gegenüber.

Unter dem Dach dieser Holding könnten in Zukunft neben Post, OMV und AUA auch die ÖBB, der Verbund oder die Asfinag angesiedelt sein - Konzerne also, die für die Republik Österreich aus strategischen Gründen bedeutsam sind. Die Struktur dafür wurde bereits in dieser Gesetzgebungsperiode von der Regierung angedacht.

Restprivatisierung bei der Telekom Austria?

Im Gegensatz zu den anderen Parteien ist für die ÖVP eine Umwandlung in eine reine Infrastrukturholding jedoch erst "dann zu prüfen, wenn alle Privatisierungspotenziale voll ausgeschöpft sind". Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat kürzlich gemeint, vorstellbar wäre, bei der Telekom - wie ursprünglich geplant - auch das restliche Viertel zu verkaufen und bei der OMV auf eine qualifizierte Minderheit (25 Prozent und eine Aktie) zu gehen.