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Ist das frühere Pensionsantrittsalter ein Fluch oder ein Segen für die Frauen? Angesichts der Schuldenbremse rückt das niedrigere Frauenpensionsalter wieder ins Zentrum der Debatte. Schließlich könnte der Staat jährlich 1,4 Milliarden Euro sparen, wenn es gelänge, den tatsächlichen Pensionsantritt um ein Jahr zu heben. Frauen haben aber seit 1992 die verfassungsrechtliche Garantie, dass ihr früherer Pensionseintritt bis 2024 gesichert ist. Ab dann wird das Pensionsantrittsalter jährlich um ein halbes Jahr angehoben, um 2033 mit jenem der Männer bei 65 gleichzuziehen.
Zum Zeitpunkt des Beschlusses waren die Voraussetzungen für Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt noch viel unterschiedlicher als jetzt. Dennoch ist auch heute die Einkommensschere noch enorm: Frauen verdienen immer noch 20 Prozent weniger als Männer. Und Frauen übernehmen auch heute noch den Hauptteil der Hausarbeit und der Kindererziehung. Diese Argumente sprechen noch immer für einen vorzeitigen Abschied der Frauen aus dem Berufsleben.
Und tatsächlich beträgt der Unterschied auch nur zwei Jahre, denn 80 Prozent der Pensionseintritte erfolgen vorzeitig: Demnach gehen Frauen in Österreich durchschnittlich mit 57,5 Jahren in Pension, Männer mit 58,9.
Dennoch: Der frühere Pensionseintritt der Frauen wird zunehmend zum Hemmschuh. Vor allem qualifizierte Frauen werden diskriminiert, indem man ihnen ab 50 keine Karrieresprünge mehr zugesteht. Firmen investieren nicht in die Weiterbildung von Mitarbeitern, wenn sie sich nicht über Jahre hinweg amortisiert. Während 55-jährige Männer also durchaus noch eine Stufe auf ihrer Erfolgsleiter emporklettern können, ist dies Frauen verwehrt.
Die letzten Berufsjahre sind es aber, die einen großen Teil zum Lebenseinkommen beitragen. Wenn Frauen fünf Jahre weniger arbeiten und dann auch noch die gehaltsmäßig besten Jahre verlieren, wirkt sich das massiv negativ auf ihr Lebenseinkommen aus. Die Pensionshöhen zeigen das: Die durchschnittliche Pension der Männer beträgt 1476 Euro, jene der Frauen 877 Euro. Da beginnt sich das Privileg in eine Diskriminierung zu verwandeln.
Natürlich ist es nicht dasselbe, ob man in einem hochqualifizierten Bereich länger arbeitet oder als Verkäuferin. Daher ist die Position der Gewerkschaft, die massiv gegen eine vorzeitige Angleichung eintritt, verständlich. Aber auch Verkäuferinnen müssen verlieren beim Lebenseinkommen. Der ÖGB sollte sich daher auf das Wesentliche konzentrieren: gleicher Lohn für gleiche Arbeit, umfassende Kinderbetreuung - in Kindergärten und Ganztagsschulen - und volle Anrechnung der Erziehungszeiten.