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Pro domo

Von István Orbán

Kommentare

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Letztes Mal hat mich mein Redakteur als einen auch übersetzerisch Tätigen geoutet, warum also sollte ich nicht einmal über diese Zunft schreiben? · zumal "Moment · Leben heute" in Österreich 1 am

vergangenen Donnerstag hervorragende Gelegenheit dazu bietet.

In der Sendung nämlich ging es · aus Anlass eines kürzlich in Wien abgehaltenen Dolmetscherkongresses · um "die hohe Kunst des Übersetzens", die aber eher niedrig bewertet wird, wie aus Gesprächen

mit (hauptsächlich literarisch tätigen) Vertreterinnen und Vertretern dieses Faches hervorging. Übersetzer stehen im Schatten der Autoren, hieß es da, sie fühlen sich nicht selten unbedankt und haben

gegen Vorurteile zu kämpfen, wie z. B., dass sie nur wandelnde Wörterbücher sind, oder dass österreichische Übersetzer nur österreichisch übersetzen können. Weiters, dass Verleger den Namen des

Übersetzers hinter dem klingenden des Autors verstecken, dass Rezensenten kaum jemals die Übersetzung mit dem Original vergleichen. Und dass Leser sich dessen nicht bewusst sind, dass sie eigentlich

nicht das Werk des Autors, sondern das des Übersetzers lesen, der es ihnen durch seine literarische Arbeit erst zugänglich gemacht hat. Übersetzen sei also ein undankbarer Beruf.

Ich meine: oft unbedankt, ja, und auch nicht gerade überbezahlt. Aber undankbar? Im Gegenteil: sehr dankbar! Denn es ist aufregend, sich mit einem Text auseinanderzusetzen und befriedigend, eine gute

Übersetzung geschafft zu haben. Und ich glaube, dass ich damit nicht allein dastehe.