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Pro Monat sperren 4000 griechische Firmen zu

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Unternehmen hatten 2010 Umsatzeinbrüche bis zu 57 Prozent.


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Athen/Wien. Die griechische Zentralbank aktiviert eine Notkreditlinie für alle griechischen Banken, deren Liquidität im Schatten der staatlichen Schuldenkrise stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Institute haben vor allem die Kreditvergaben stark eingeschränkt - für viele Unternehmen kommt diese Maßnahme jedoch zu spät.

Offiziell wurden im Vorjahr laut Creditreform und KSV1870 wie berichtet nur 355 eröffnete Unternehmensinsolvenzen gezählt. Das Landgericht Athen zählte jedoch 481 Konkursanträge und Erklärungen über Zahlungseinstellungen. Die Diskrepanz zwischen den Anträgen und der tatsächlichen Konkurseröffnung liegt daran, dass Konkursanträge oft als Druckmittel gegen säumige Zahler verwendet werden, weiß Bruno Freytag, der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Athen. Die niedrige Zahl 355, die der Informationsdienstleister ICAP Group nennt, passt so gar nicht ins europäische Insolvenzbild. Zum Vergleich: In Spanien gab es im Vorjahr 4800 Konkurse, in Portugal 2200.

"ICAP-Direktor Ioannis Efraimidis ist der Meinung, dass man aus diesen Zahlen leicht falsche Schlüsse ziehen kann", sagt Freytag zur "Wiener Zeitung. Die Realität sei eine andere: Viele griechische Firmen, besonders Klein- und Mittelbetriebe (KMU), sowie Freiberufler beenden ihre Tätigkeit ohne einen formellen Abschluss oder bei Gericht Konkurs anzumelden. "Das Ergebnis ist, dass viele Firmen in Griechenland ihre Tätigkeit beenden, ohne dass sie in irgendeiner Form liquidiert werden - weil eine Liquidation zeitaufwändig und teuer ist", so der Wirtschaftsexperte. "Man kann aber mit Sicherheit sagen, dass die Zahl der Firmen-Pleiten im Zuge der Liquiditätskrise des Staates zugenommen hat."

Die Recherchen des österreichischen Außenwirtschaftscenters in Athen bringen Erstaunliches ans Tageslicht. "Seit Anfang 2010 schließen monatlich 4000 Handels- und Gewerbefirmen", so Freytag. "Und das nicht nur im Raum Attika, sondern auch in anderen großen Ballungszentren des Landes - besonders in Thessaloniki, Patras, Heraklion, Volos und Larissa." Laut dem Zentralverband der Kammern Griechenlands wurden allein von Juni bis September 2010 rund 16.000 Firmen geschlossen.

Laut ICAP werde der Trend der Schließungen durch die wirtschaftliche Lage heuer weiter zunehmen. Im Vorjahr sind die Firmenumsätze laut einer Untersuchung unter 1050 Unternehmen um 57 Prozent eingebrochen. Bereits 2009 waren sie um zehn Prozent geschrumpft.