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Im Mittelmeer schwelt ein neuer Konflikt zwischen der Türkei und Zypern. | Es geht um Erdgas - nach dem erst gesucht wird.
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"Piri Reis" muss gewartet werden. Das nach einem Kartographen und Admiral der osmanischen Flotte benannte Forschungsschiff legte in Famagusta, im Norden Zyperns an. Zuvor aber hatte es für helle Aufregung gesorgt. Denn ihre seismographischen Untersuchungen wollte die "Piri Reis" nicht nur nördlich der Insel machen, wo die Türken und türkischen Zyprioten ihr Hoheitsgebiet sehen, sondern auch ein paar Seemeilen weiter südlich. Zu weit südlich, befanden die griechischen Zyprioten. In der Gegend sind sie nämlich selbst auf der Suche nach Gas - und türkische Konkurrenz können sie gar nicht brauchen. Abgesehen davon, dass sie das Abkommen nicht akzeptieren, das die Türkei und die - nur von dieser anerkannte - Türkische Republik Nordzypern geschlossen haben, um gemeinsame Forschungen im Meer zu beginnen.
Im Mittelmeer ist ein neuer Streit entbrannt, zwischen der Türkei und der Republik Zypern. Es geht um Erdgasvorkommen vor der Insel - die vielleicht größer sind als alle anderen, die im vergangenen Jahrzehnt entdeckt wurden. Schon hat die griechisch-zypriotische Regierung die US-Firma Noble Energy beauftragt, Probebohrungen vorzunehmen. Ankara aber ist der Meinung, dass Nikosia nicht das Recht dazu hat, so lange die international isolierten türkischen Zyprioten nicht an den möglichen Profiten beteiligt werden können.
Was sie mit diesen machen könnten, malen sich die griechischen Zyprioten jedoch schon aus. Ein Fonds könnte aus den erwarteten Reichtümern gespeist werden, aus dem wiederum Geld in Investitionen auf der Insel fließen kann. Norwegen wäre für so etwas ein Beispiel oder auch das Golfemirat Katar, verriet die für Energiefragen zuständige Handelsministerin Praxoulla Antoniadou der Nachrichtenagentur Reuters. Allerdings, räumte sie ein, werde es bis dahin ein langer Weg werden: In ein paar Monaten vielleicht werden genauere Kenntnisse über die Vorkommen gewonnen sein, in drei Jahren könnte der eigene Markt beliefert werden, und dann werde es noch ein paar Jahre mehr dauern, bis Zypern das Gas exportieren kann.
Die Türkei jedoch ist jetzt schon verärgert. In einer seiner ersten Reaktionen drohte Premier Recep Tayyip Erdogan gar mit der Entsendung von Kriegsschiffen. Stattdessen kam die umstrittene Unterzeichnung des Abkommens mit den türkischen Zyprioten, und die "Piri Reis" machte sich zu ihrer Forschungsmission auf. Die Studien sind übrigens mit der Tätigkeit der Universität des 9. September in Izmir verbunden. Der Tag markiert die Rückeroberung der Stadt durch die Türken im Jahr 1922, auf die der Tod und die Vertreibung der meisten Griechen sowie Armenier folgte.
Doch richtet sich das Muskelspiel Ankaras nicht nur gegen Zypern. Durch die verstärkte Präsenz im Mittelmeer kann die Türkei auch den Unmut Israels erregen, mit dem sie ohnehin im Zwist liegt.
Gleich neben den Zyprioten lassen auch die Israelis nach Erdgas suchen, vom selben US-Unternehmen. Die Vorkommen dort werden auf mehr als 400 Milliarden Kubikmeter Gas geschätzt.