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Im generalsanierten Parlamentsgebäude wird vor der Eröffnung am 12. Jänner alles durchgetestet.
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Drei Firmenbusse stehen auf der Zufahrtsrampe direkt vor dem Haupteingang des Parlaments. Das ist das untrügliche Zeichen, dass in dem seit dem Herbst 2017 generalsanierten Gebäude noch fleißig von Handwerkern gearbeitet wird. Die Parlamentsdirektion hat bereits am 11. Oktober das umgebaute Haus am Ring wieder übernommen. Die Übersiedlung von Klubmitarbeitern in Räume in der Reichsratsstraße hinter dem Hohen Haus ist eben im Gang. Vorne vor dem Absperrgitter an der Ringstraße ist das Parlament ohne große Baukräne begehrtes Fotomotiv für Touristen. Eine mit Pappe volle Müllkippe und die Container für Bauarbeiter auf der Seite zum Schmerlingplatz passen da noch nicht ins Bild.
Fünf Jahre lang haben Nationalratsabgeordnete und Bundesräte im Ersatzquartier in der Hofburg getagt. Die Debatte und den Beschluss des Budgetvoranschlags 2023 wird Mitte November noch im Ausweichquartier stattfinden, im Dezember folgt der heurige Parlamentskehraus. Für 12. Jänner 2023 ist schließlich die feierliche Eröffnung geplant. Für die Bevölkerung gibt es am 14. und 15. Jänner zwei Tage der offenen Tür im sanierten Theophil Hansen-Bau am Ring.
Akustikprobleme wurden behoben
Sitzungen stehen allerdings dort auch in nächster Zeit schon auf dem Programm. Es sind Probesitzungen. Im Plenarsaal des Nationalrates, im Bundesrat, in Ausschusszimmern. Überall wird durchgetestet, ob alles passt. Eine mehrmonatige Verzögerung hat es nach der coronabedingt verlängerten Dauer der Sanierung ohnehin bereits gegeben. Heuer im April tauchten im Plenum wegen der Glasdecke gehörige akustische Probleme auf: Ausgerechnet die Reden von Parlamentariern und Regierungsmitgliedern wären nicht ordentlich zu hören gewesen. Die bereits für den heurigen Nationalfeiertag geplante Wiedereröffnung des Parlaments wurde daraufhin abgeblasen und gleich um mehr als zwei Monate nach hinten verlegt. Die Tonprobleme seien inzwischen behoben, wird der "Wiener Zeitung" versichert. Akustiksegel unter der Decke sollen dafür sorgen, dass jedes Wort im Plenarsaal klar verständlich ist. Zumindest was die Aussprache betrifft.
Restrisiko höherer Umbaukosten
Gut 400 Mitarbeiter im Parlament sind für die Verwaltung tätig. In den vergangenen Monaten hat die Hektik und Nervosität bei vielen Parlamentsbediensteten wegen der schon im Gang befindlichen Vorarbeiten für die Rückübersiedlung deutlich zugenommen, wie manche verrieten. Wenn nicht nur die Übersiedlung in Nebengebäude, sondern in das Haupthaus erfolgt, wird die Anspannung bei einigen nochmals steigen.
Das gilt vor allem auch für Alexis Wintoniak. Der Parlamensvizedirektor war in all den Jahren Generalbevollmächtigter für die umfassende Sanierung. "Die letzten Monate, wenn ich nicht sagen darf Jahre, waren voller unangenehmer Überraschungen", bilanzierte er in ORF-Wien heute. Denn nach der Pandemie hat sich heuer auch der Krieg Russlands gegen die Ukraine seit Ende Februar nochmals auf den Zeitplan ausgewirkt.
Der Gesamtkostenrahmen musste bereits einmal ausgeweitet werden. Ursprünglich war dieser im Jahr 2014 per Gesetz mit 352,2 Millionen mit einer Reserve von 20 Prozent festgelegt worden. Im November 2020 musste die nachträgliche Überschreitung der Kosten um 20 Prozent dann abgesegnet werden. Noch gibt es laut Wintoniak ein Restrisiko, dass sich die Gesamtsumme bis zu den Schlussabrechnungen im kommenden Jahr noch etwas erhöht.
Insgesamt wurden 55.000 Quadratmeter an Geschoßflächen renoviert. Die Bundesimmobiliengesellschaft hat auch aufgelistet, dass seit 2017 rund 740 Fenster und 600 Türen saniert wurden. Neu sind 900 Quadratmeter für ein großes Besucherzentrum im Erdgeschoß des Parlamentsgebäudes und ein Restaurant im Dachgeschoß, das ebenfalls für Besucher zugänglich sein wird. 550 Arbeiter waren zu Spitzenzeiten am Werk. In Summe wurden rund 2,5 Millionen Arbeitsstunden geleistet, um das Parlament als Herzstück und wichtiges Symbol der Republik Österreich in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Die helleren erscheinenden Außenwände und die Pallas Athene an der Stirnseite stechen jetzt selbst aus dem November-Grau des nebelig-diesigen Wien hervor.
Entsprechend stolz ist das amtierende Parlamentspräsidium. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) lobte im Zuge der feierlichen Übernahme des sanierten Baus die "Meisterleistung" durch die Arbeiter und Handwerker, denen auch der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) ausdrücklich dankte. Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) dachte schon an die Zukunft: "Das modernisierte Parlamentsgebäude soll und wird hoffentlich auch einen neuen Impuls für zeitgemäßen, zivilisierten und respektvollen demokratischen Diskurs ausstrahlen", wurde sie von der Parlamentskorrespondenz zitiert.
Eine sichtbare Änderung wird die Rückübersiedlung ins Parlamentsgebäude in der Wiener Innenstadt jedenfalls zur Folge haben. Die würfelförmigen Pavillons auf dem Heldenplatz, die den Klubs von ÖVP und SPÖ speziell als Ersatzquartier gedient haben, werden, wie bereits vor der Sanierung angekündigt, in der ersten Jahreshälfte 2023 wieder verschwinden. Dort verwendetes Holz soll aber erneut Verwendung finden. Stehen bleiben soll hingegen der an den Burggarten angrenzende Pavillon bei der Hofburg.
Wanderausstellung in den Bundesländern
Zu den Menschen in den Bundesländern kommt die Volksvertretung nicht nur durch die Live-Übertragungen der Sitzungen des Nationalrats. Mit der Wiedereröffnung des Hohen Hauses im Jänner startet die Wanderausstellung "Parlament on tour", die vor allem Auskunft gibt über die Rolle des Parlaments im politischen System in Österreich. In einer nachgebildeten Wahlkabine können sich Interessierte weiters über Wahlen informieren. Erste Station ist Eisenstadt, weil das Burgenland den Vorsitz im Bundesrat und in der Konferenz der Landeshauptleute übernimmt. Damit bekommt auch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) turnusmäßig eine größere Bühne.