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Problemzone Mariahilfer Straße

Von Bernd Vasari

Politik

Anrainer wünschen sich mehr Bänke und Kinderspielplätze.


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Wien. Breite Zustimmung für die Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße gab es bei der gestrigen Informationsveranstaltung der Bezirksvorstehung Mariahilf, wo der aktuelle Stand der Neugestaltung besprochen wurde. Weniger zufrieden waren die Anwesenden hingegen mit der geplanten Umsetzung.

"Was ist das für eine Fußgängerzone, wo den halben Tag lang Autos rein und rausfahren können?", beschwert sich eine Pensionistin gegenüber der "Wiener Zeitung". Mit den bis 13 Uhr vorgesehenen Lieferzeiten kann sie sich gar nicht anfreunden. "Das ist wieder einer dieser Kompromisslösungen", schaltet sich ein weiterer Anrainer ein.

Auch die Bezirksvorsteherin von Mariahilf, Renate Kaufmann (SPÖ), spricht sich gegen die Lieferzeiten aus. "Wie in allen Fußgängerzonen Wiens üblich, so wollen auch wir eine Lieferzeit bis 10.30 Uhr." Mit der geplanten Regelung könnten mögliche Schanigärten erst am Nachmittag aufsperren, ist sie sich sicher. Die Betriebe würden dadurch um ihr "Mittags-Geschäft" umfallen und in weiterer Folge wenig Interesse zeigen, sich überhaupt an der Mariahilfer Straße anzusiedeln. Schon jetzt gebe es kaum Gastronomie an der Shoppingmeile. Am Abend sei daher auch nichts los. "Ich habe die Lieferzeiten beeinsprucht. Leider hat die Verkehrsstadträtin (Anm.: Maria Vassilakou, Grüne) hier der Wiener Wirtschaftskammer (WKW) Recht gegeben und gegen uns entschieden", sagt die Bezirksvorsteherin.

Laut WKW gebe es mit längeren Lieferzeiten keine negativen Auswirkungen auf die Gastronomie. Sie fordert die Möglichkeit einer ganztägigen Zustellung. In anderen Fußgängerzonen würde es schließlich auch funktionieren, dass Schanigärten während der Zustellzeiten offen haben. Man verweist auf Beispiele am Graben, wo bereits in der Früh, also lange vor dem Ende der Zustellzeiten, aufgesperrt wird.

Ein Sprecher von Stadträtin Vassilakou weist auf die wirtschaftliche Größe der Mariahilfer Straße hin. Diese sei umfangreicher als alle anderen Einkaufsstraßen der Stadt. Mit den Lieferzeiten bis 13 Uhr will man dem höheren Bedarf gerecht werden.

Zweifel an Vernunft

und Rücksicht

Unterschiedliche Meinungen bei der Neugestaltung der Einkaufsstraße gibt es auch zu den geplanten Begegnungszonen, die den beiden Enden der Fußgängerzone angrenzen werden. Silvia Graser von der Galerie Plank in der Kirchengasse ist von der Begegnungszone direkt betroffen. Sie kann sich nicht vorstellen, dass "wir bei aller Vernunft und Rücksicht in der Lage sein werden, diese unfallfrei zu benutzen." Andere Anrainer sehen die Zone, wo Fußgänger, Radfahrer und Autos zusammentreffen, etwas positiver. "Es wird sich einspielen, so wie es sich auch bei der Neubaugasse oder Kärntnerstraße eingespielt hat", sagt ein Mariahilfer Bewohner , der sein ganzes Leben bereits in dem Bezirk wohnt.

Bezirksvorsteherin Kaufmann kann sich noch wenig unter der Begegnungszone vorstellen, denn "wir haben keine Erfahrung mit Begegnungszonen in dieser Dimension." Die vor Kurzem von Kaufmann besichtigte Begegnungszone in Bern hätte sie aber wenig überzeugt. "Da fährt der Bus laut hupend durch die Menschenmenge. Man wird sehen, wie begeistert davon die Anrainer sein werden", sagt Kaufmann.

Querungen mit dem Auto sollen in den Bereichen der Fußgänger- und Begegnungszone nicht mehr möglich sein. Aus Sicht der WKW ein großer Fehler. Es gehe nicht nur um die Unternehmen auf der Mariahilfer Straße, sondern auch um jene in den Neben- und Seitenlagen. "Die wissen gar nicht mehr, wie sie mit ihren Lieferfahrzeugen zu ihrem Betrieb kommen können", so ein Sprecher. Im Gegensatz etwa zur Kärntner Straße müsste man hier andere Maßstäbe ansetzen. Ist es dort vor allem der Handel, so sind es hier vor allem Produktionsbetriebe, die auf eine gut funktionierende Zufahrt angewiesen seien.

Fixiert sei noch nichts, heißt es dazu aus dem Büro Vassilakou. Man müsse die ab August geplante Testphase, sowie die Bürgerbefragung abwarten, ob es am Ende Querungsmöglichkeiten geben werde.

Sitzen und Spielen

im Grünen

Neben WKW, Bezirksvorstehung und der Verkehrsstadträtin konnten auch die Anrainer der Mariahilfer Straße ihre Ideen und Anregungen einbringen. Etwa in der Dialogbox, die bis zum 17. Mai gegenüber des Stadtsaals stand, oder in einer Online-Befragung, die mit 5. Juni auslief. Die Ergebnisse dazu werden am 17. Juni präsentiert. Wünsche und Anregungen werden auch an die Bezirksvorsteherin herangetragen. Auffallend dabei sind die vielen Forderungen nach Konsumzwangfreien Zonen, erzählt Kaufmann. Dazu gehört der Ausbau von Sitzmöglichkeiten, aber auch Tisch/Bank-Kombinationen.

Weiters wünschen sich viele Anrainer Spielmöglichkeiten für Kinder. Der Forderung nach mehr Bäumen könne man nur bedingt nachkommen, sagt die Bezirksvorsteherin. Schließlich liegt die Mariahilfer Straße auf einem U-Bahntunnel.