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Die bisherigen Koalitionspartner stehen weiterhinhinter dem Premier. | Berlusconi droht mit Massenprotesten, wenn Prodi weiter Premier bleibt. | Wien/Rom. Nach der Demission Romano Prodis am Mittwochabend hat Staatspräsident Giorgio Napolitano am Donnerstag die Konsultationen zur Neubildung der Regierung aufgenommen. Die ersten Gespräche führte Napolitano mit den Präsidenten des Senats und der Abgeordnetenkammer, Franco Marini und Fausto Bertinotti. Danach sind die Parteichefs an der Reihe. Abgeschlossen werden die Konsultationen am Freitagabend mit den drei Amtsvorgängern Napolitanos, Francesco Cossiga, Oscar Luigi Scalfaro und Carlo Azeglio Ciampi. Es gilt schon jetzt als ziemlich wahrscheinlich, dass Romano Prodi auch die nächste Regierung führen wird. Ex-Premier Silvio Berlusconi hat für diesen Fall bereits Massenproteste angekündigt.
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Zwei mögliche Szenarien
Beobachter der römischen Politikszene halten zwei Szenarien für möglich. Das erste sieht vor, dass sich Prodi und sein Kabinett Vertrauensabstimmungen in den beiden Parlamentskammern stellen, das zweite setzt auf eine Regierungsumbildung.
Nachdem Prodis Kabinett am Mittwoch in einer Senatsabstimmung über die Außenpolitik die Mehrheit um zwei Stimmen verfehlt hatte - insbesondere war es um den italienischen Einsatz in Afghanistan und den Ausbau der US-Militärbasis in Vicenza gegangen -, hatten sich alle bisherigen Koalitionspartner deutlich für eine Fortsetzung der bisherigen Koalition ausgesprochen.
Das Scheitern der Regierung hatten zwei dissidente Senatoren aus den beiden kommunistischen Parteien und drei der früheren christdemokratischen Partei zugerechnete Senatoren auf Lebenszeit mitverursacht, indem sie sich der Stimme enthalten, oder dagegen votiert hatten. Bei Senatsabstimmungen werden Stimmenthaltungen als Gegenstimmen gewertet.
Scharfe Kritik an Giulio Andreotti
Der Turiner Senator Franco Turigliatto von der Rifondazione comunista soll wegen seines Stimmverhaltens aus seiner Partei ausgeschlossen werden. Aber auch die Senatoren auf Lebenszeit - Francesco Cossiga, der gegen die Regierung stimmte, sowie Sergio Pininfarina und Giulio Andreotti -, die sich der Stimme enthielten, obwohl sie seinerzeit dem Kabinett Prodis das Vertrauen ausgesprochen hatten, sind am Donnerstag verstärkt unter Kritik geraten. Besonders Andreotti, der vom Berlusconi-Lager nach den Wahlen ins rennen um die Präsidentschaft des Senates geschickt worden war, wird vorgeworfen, sich nun für die damalige Niederlage gerächt zu haben. Der 88-jährige Andreotti weist es aber von sich, dass er aus Berechnung abgestimmt habe. "Ich dachte nicht, dass meine Stimme für den Fortbestand der Regierung Prodi ausschlaggebend gewesen wäre", verteidigte er sich.
Bei der Senatsabstimmung über die Außenpolitik der Regierung Prodi hatten sich auch die Senatoren der zum Berlusconi-Lager zählenden christdemokratischen Partei UDC des früheren Parlamentspräsidenten Pier Ferdinando Casini der Stimme enthalten. Casini war aber auch dem Treffen der Oppositionschefs bei Berlusconi nach dem Senatsdebakel Prodis ferngeblieben.
UDC als möglicher Koalitionspartner
Für den Fall, dass das bisherige Prodi-Lager ausein-anderbricht, wird schon seit geraumer Zeit Casinis UDC als möglicher Koalitionspartner gehandelt. Parteichef Casini ist auf seinen früheren Verbündeten Berlusconi, den er immer gerne beerbt hätte, nicht gerade gut zu sprechen. Zuerst hatte Berlusconi ihm bei einem Treffen einen stacheligen Kaktus der Sorte Schwiegermuttersessel auf den Sitz gestellt und dann hatte er eindeutig den früheren Vizeregierungschef und Außenminister Gianfranco Fini von der Alleanza Nazionale als Nachfolger protegiert.
Im Prodi-Lager hieß es Donnerstag, dass man sich durchaus die Unterstützung einzelner Abgeordneter aus dem Berlusconi-Lager vorstellen könne, dass man aber nicht mit dem Übertritt ganzer Fraktionen rechne. Gianfranco Fini hingegen äußerte sich überzeugt, dass "niemand von unserer auf die andere Seite überwechselt".
Neuwahlen nur mit neuem Wahlrecht
Während Romano Prodi darauf besteht, dass er nur bei klaren Verhältnissen als Regierungschef weitermachen wolle, hat sein Gegenspieler Silvio Berlusconi mit Massenprotesten gegen eine Neuauflage des demissionierten Kabinetts gedroht. Er will Neuwahlen oder eine aus Fachleuten gebildete Regierung, die vor Wahlen eine Pensions- und Wahlreform durchzieht. Denn mit dem Wahlrecht, das seine Regierung kurz vor den letzten Wahlen gegen alle Widerstände der Opposition durchgepeitscht hatte, will nicht einmal Berlusconi ein zweites Mal in Parlamentswahlen gehen.
Am stärksten für Neuwahlen sind neben Berlusconi vor allem seine Partner von der Lega Nord. Aber 54 Prozent der Italiener sind laut einer Blitzumfrage dagegen, dass derzeit vorgezogene Neuwahlen stattfinden. 35 Prozent der Befragten wollen, dass Prodi weitermacht, 36 Prozent wollen einen anderen Regierungschef.