Was in Japan, China und zunehmend in den USA zum Arbeitsalltag gehört, wird hier zu Lande noch belächelt: Das Nickerchen in der Mittagspause, auch "Power Napping" genannt. Mitarbeiter der Steiermärkischen Sparkasse gönnen sich die Mittagsruhe täglich - was auch dem Unternehmen zugute kommt, weil eine ausgeruhte Belegschaft produktiver ist.
Pilotprojekt Mittagsschlaf: 20 Mitarbeiter der Steiermärkischen Sparkasse halten nun jeden Tag in der Mittagspause ein Nickerchen. Ihr Müdigkeitsgrad wird vormittags und nachmittags mit Hilfe eines Pupillometers gemessen.
Mittels Reaktions- und Aufmerksamkeitstests wird auch der Einfluss auf die Fehlerquote bei der Arbeit untersucht, erklärt Professor Manfred Walzl, Leiter der Abteilung Schlafmedizin an der Landesnervenklinik Graz, der das Projekt wissenschaftlich betreut. Diesen 20 Mitarbeitern werden die Testergebnisse von 20 "Nicht-Schläfern" Ende Oktober gegenüber gestellt. Mit diesem in Österreich bisher einzigartigen Projekt soll der Beweis angetreten werden, dass die Mitarbeiter durch die Mittagsruhe produktiver und zufriedener sind und damit auch Nutzen für den Arbeitgeber entstehen, erklärt Walzl im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Rund 4 Mrd. Euro Schaden pro Jahr in Österreich
Untersuchungen in den USA hätten gezeigt, dass der Wirtschaft durch müde Arbeitnehmer enorme Schäden entstehen. Heruntergerechnet auf Österreich, beziffert der Schlafforscher die Einbußen auf rund 4 Mrd. Euro pro Jahr - verursacht durch Unproduktivität und höhere Unfallwahrscheinlichkeit durch Müdigkeit. Bereits jeder dritte Österreich leide unter Schlafstörungen, die mit Tagesmüdigkeit einhergehen. Und die Zahl der Unfälle explodiert, betont Walzl. "Das ist eine riesige Herausforderung für die Medizin, aber vor allem auch für das Management".
Walzl arbeitet derzeit an einem Verkehrssicherheits-Projekt, bei dem Pupillometer bei Fernfahrern und Buslenkern eingesetzt werden.
Während in Mitteleuropa die Schlafmedizin noch in den Kinderschuhen steckt, ist die positive Wirkung des Mittagsschlafes in asiatischen Ländern, aber auch in den USA längst bekannt. So bieten etwa in Japan eigene Studios gegen rund 12 Dollar ein Ruheplätzchen für etwa 20 Minuten, je nach individuellem Geschmack auch mit musikalischer und geruchlicher Kulisse, erzählt der Professor.
Steiermärkische Sparkasse nimmt Vorreiterrolle ein
Nicht neu ist das Thema Power Napping für die rund 1.600 Mitarbeiter der Steiermärkischen Sparkasse. Das Geldinstitut hat vor rund drei Jahren ein Gesundheitsmanagement für seine Mitarbeiter auf die Beine gestellt, das der Belegschaft unter anderem eine kurze Mittagsruhe nahe legt. In eigenen Räumlichkeiten können die Mitarbeiter ihr Nickerchen abhalten, auch geführte Entspannungstrainings werden geboten. Viele nutzen aber auch das eigene Zimmer für das Power Napping, erzählt Maria Steiner, Leiterin des Gesundheitsmanagements in der Steiermärkischen.
Eine Entspannungsphase sollte höchstens 20 Minuten dauern, weil man dann noch nicht in die Tiefschlafphase kommt, rät Steiner. "Wir empfehlen unseren Mitarbeitern, einen Schlüsselbund in die Hand zu nehmen. Fallen die Schlüssel runter, ist man zu tief eingeschlafen", so Steiner.
Einige Mitarbeiter würden die Entspannungsräume nicht nur in der Mittagspause, sondern auch nach der Arbeit nutzen: "Viele sagen, sie wollen den Stress nicht mit nachhause nehmen", so Steiner. Die Nutzung der Entspannungsräume, aber auch die Telnahme an Sportaktivitäten, Seminaren und Workshops kostet die Mitarbeiter des Geldinistutes übrigens nur Freizeit: Für das gesamte Gesundheits-Programm nimmt die Steiermärkische pro Jahr rund 35.000 Euro in die Hand. "Die langfristig gesetzten Maßnahmen wirken sich positiv auf die Mitarbeiter und damit auf den Erfolg des Unternehmens aus und die Beziehungsqualität zwischen Mitarbeiter und Kunden wird gesteigert", begründet Vorstandschef Gerhard Fabisch das Engagement seines Unternehmens.