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Profilierungschance Föderalismus

Von Franz Schausberger

Gastkommentare

Bei der Struktur- und Verwaltungsreform ist die ÖVP besonders gefordert, wenn es darum geht, die Fronten zwischen Bund und Ländern abzubauen.


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Die neue Regierung steht, Kanzler und Vizekanzler können miteinander, die Osterpause ist vorbei, die Arbeit kann beginnen. Die ÖVP wird - nach Aussagen ihres neuen Obmannes Michael Spindelegger - deutlicher klarmachen, wofür sie steht. Ein wesentlicher Brocken wird die Struktur- und Verwaltungsreform sein. Da versuchte man auf Bundesebene in letzter Zeit den Eindruck zu erwecken, als ob diese vor allem durch eine Blockade seitens der Länder nicht gelingen könne. Hier ist die ÖVP besonders gefordert, ist sie doch von ihrer Programmatik her eine Partei des Föderalismus, hat aus den Ländern immer viel Kraft bezogen und ist damit auch gut gefahren.

In den vergangenen Jahren schien sich zwischen den Bundesvertretern auch der ÖVP und den Ländern eine Front der Gegnerschaft aufzubauen, die noch durch radikale Länder-Abschaffungsforderungen seitens Industrie und Wirtschaft verschärft wurde. Diesen wurde zu viel Bedeutung beigemessen. Es schien, als ob auch bei den ÖVP-Bundespolitikern, die aus den Ländern kamen, der Zentralismus mit dem Quadrat der Entfernung von ihrem Bundesland zunahm.

Der Föderalismus wurde nicht mehr als politisches Ordnungsprinzip gesehen, von dessen konstruktivem Spannungsfeld zwischen Gesamtstaat und Ländern Österreich über Jahrzehnte profitiert hat, sondern nur noch als ökonomischer Sparfaktor. Dass man durch Abschaffung von Verwaltungsebenen kurzfristig und vordergründig Geld sparen kann, mag stimmen - allerdings bleibt die Bürgernähe der Verwaltungsentscheidungen auf der Strecke. Volkswirtschaftlich ist es jedenfalls kostspieliger und zeitaufwendiger, wenn etwa der Klein- oder Mittelunternehmer für jede Bewilligung zum Ministerium nach Wien pilgern muss, weil es keine entscheidungsbefugte Landesregierung oder Bezirkshauptmannschaft gibt.

Auch der sehr gesunde Wettbewerb der Länder untereinander, der dazu geführt hat, dass die Infrastruktur ärmerer und abgelegener Regionen intensiv gefördert wurde, würde durch mehr Zentralismus zum Erlahmen kommen.

Es gilt vor allem teure Parallelitäten und Doppelzuständigkeiten zu beseitigen und sinnvolle, einheitliche Regelungen etwa im Jugendschutz oder bei der Bauordnung zu schaffen, ohne die Kompetenzen von den Ländern auf den Bund zu übertragen. Das ist möglich, wenn man mit den Ländern als gleichberechtigten Partnern auf Augenhöhe verhandelt.

Das wird vor allem Aufgabe der ÖVP sein, die sich wieder mehr des Subsidiaritätsprinzips der christlichen Soziallehre bewusst werden und dieses offensiv vertreten muss. Sie wird dadurch Kontur gewinnen, wollen doch die meisten Menschen in diesem Land ihre regionale Identität im gemeinsamen Europa nicht verlieren.

Inzwischen gibt es ja Landeshauptleute, die die Länderinteressen einer möglichen bundespolitischen Karriere opfern. Ein reformierter, aber nicht geschwächter Föderalismus wäre die Profilierungschance der reformierten ÖVP.

Franz Schausberger war Salzburger Landeshauptmann und ist Universitätsprofessor und Historiker.