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Saison endet am 30. November. | Lange Dürre in Afrika trocknete Sturmsysteme aus. | Washington. (dpa) "Unsere Vorhersagen für die Hurrikan-Saison 2006 haben nicht gestimmt. Allein die Vorhersage für August war eine einzige Pleite", gibt William Gray, in den USA eine Art Wettergott, zerknirscht zu. Der Klima- und Hurrikanforscher von der Colorado State Universität hatte vor Beginn der Hurrikan-Saison, die von 1. Juni bis 30. November dauert, neun Hurrikans vorhergesagt, darunter fünf schwere. Auch das Nationale Hurrikan-Zentrum in Miami lag mit seiner Prognose von bis zu zehn Hurrikans schwer daneben.
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Wer erinnert sich schon heute noch an "Alberto" und "Ernesto"? Die beiden Tropenstürme zogen praktisch mit halber Kraft über Florida hinweg. Und "Beryl" durchnässte nur kräftig die Ostküste der USA. Lediglich fünf der neun mit einem Namen bezeichneten Stürme entwickelten sich später zu Hurrikans und nur drei von ihnen erreichten in diesem Jahr überhaupt Land.
Weniger als neun Namensstürme, nämlich nur sieben, gab es zuletzt 1997. Die diesjährigen Hurrikan-Schäden beziffern die Behörden mit rund 76 Millionen Euro. Die Tageszeitung "Richmond Times-Dispatch" aus dem Ostküstenstaat Virginia spricht deshalb von einem "Seufzer der Erleichterung".
Gut verständlich, denn 2005 wirbelten noch 28 Namensstürme über den Atlantik, 15 wuchsen sich zu teilweise verheerenden Hurrikans aus. Allein an den Folgen von "Katrina" starben mehr als 1800 Menschen. Mit Schäden von mindestens 64 Milliarden Euro ging dieser Hurrikan als der teuerste in die Geschichtsbücher ein.
Überraschender El Nino
Noch Anfang August sagten die Meteorologen eine außergewöhnlich aktive Hurrikan-Saison voraus. Wie konnten sie am Ende nur so irren? Drei unvorhersehbare oder falsch kalkulierte Wetterphänomene haben allen Prognosen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zum einen war da die Dürre in Afrika. Trockene, warme und staubige Luftschichten zogen von der Sahel-Zone Richtung Atlantik und trockneten Sturmsysteme, die sich aus feuchter Luft aufbauen, regelrecht aus. Zum anderen stoppten Hochdruckfronten über der Ostküste der USA die heranrückenden Wirbelstürme und drückten sie von der Küste auf das offene Meer.
Und dann setzte in der tropischen Pazifikregion auch noch überraschend schnell El Nino ein. Durch dieses Phänomen erwärmte sich nach Angaben von Gray die Meeresoberfläche im Ostpazifik innerhalb eines Monats um 0,6 Grad. Das löste ungewöhnlich veränderte Strömungen im Meer und in der Luft aus. Die entstehenden Winde wirkten bis hinüber in den Atlantik. Sie zerzausten regelrecht Sturmsysteme und verhinderten so, dass sich ein Tropensturm überhaupt zusammenballen konnte.
Obwohl die diesjährige Hurrikan-Saison praktisch ausgefallen ist, geben die Klimaforscher keine Entwarnung für 2007. Sie sagen noch für ein bis zwei Jahrzehnte sehr aktive Zeiten über dem Atlantik voraus. Aber wie man an diesem Jahr sieht, bleibt die Hurrikan-Forschung ein schwieriges Geschäft. Es sei wirklich unmöglich zu verstehen, wie all die Prozesse und die vielen sich ändernden physikalischen Variablen zusammenwirken, schreibt Gray. "Trotz der Pleite bei der heurigen Vorhersage verbessern wir unsere Fähigkeiten zur Prognose durch ein verbessertes Maß an Verständnis." Und so heißt es warten auf "Andrea", "Barry" und "Chantal". So heißen die Namen der ersten Tropenstürme der nächsten Saison.