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Bayern wollten unbedingt exklusive Verhandlungen. | "Der Spielraum für den Vorstand war eingeschränkt." | Wien. Offenbar ist es im internationalen Finanzgeschäft ganz normal, dass man für Summen in einer Größenordnung von 1,6 Milliarden Euro die Katze im Sack kauft: In ihrer Replik auf einen - der "Wiener Zeitung" vorliegenden - Prüfbericht zum Erwerb der Mehrheit an der Kärntner Hypo Group Alpe Adria im Jahr 2007 verweist die BayernLB diesbezüglich auf Aussagen des mit der Hypo-Prüfung beauftragten Wirtschaftsprüfers. Letzterer habe gemeint, dass "in nahezu allen Fällen Unsicherheiten" bleiben würden, heißt es lapidar. | Ditz: Horizont für Umbau der Hypo etwa drei Jahre
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Zur Erinnerung: Die BayernLB hat bei der - mittlerweile notverstaatlichten - Kärntner Hypo alles in allem knapp vier Milliarden Euro versenkt. Vielleicht hätten sich die Vorstände und Verwaltungsräte der Bank doch mehr Zeit nehmen sollen, um vor der Absegnung des Deals zumindest den Endbericht der sogenannten Due-Diligence-Prüfung abzuwarten. Aus dem - eingangs erwähnten - kritischen Gutachten der Münchner Wirtschaftsprüferin Corinna Linner geht nämlich hervor, dass unter anderem die Wertansätze des Immobilienvermögens der Hypo nicht geprüft werden konnten. Es seien Mängel bei den Kreditprozessen festgestellt worden - insbesondere bezüglich der Beurteilung der Werthaltigkeit -, und generell sei die Risikolage mangels ausreichender Unterlagen und Informationen nicht abschließend geprüft worden.
Die BayernLB selbst verweist darauf, dass - laut Wirtschaftsprüfer - bei der Kärntner Hypo die Due Diligence "erheblich mehr Risiken" ans Tageslicht gefördert habe, als aus dem Jahresabschluss der Bank erkennbar gewesen wären. Dennoch gibt man sich damit zufrieden, dass eine derartige Prüfung "grundsätzlich auf unvollständigen Informationen" beruhe.
Verwaltungsrat war über Ablauf informiert
Offenbar hat die BayernLB, als nach dem Kauf mehr und mehr unerwartete Bilanzlöcher bei der Hypo auftauchten, dann doch bei deren Risikovorstand nachgefragt: Dieser habe erklärt, dass die nun auftretenden Mängel wohl "auch bei einer längeren Due-Diligence-Phase nicht zum Vorschein gekommen wären."
Tatsächlich ist die Eile beim Kaufprozess einer der Hauptkritikpunkte Linners. "Projekt Lindwurm", so der Arbeitstitel einer Beratungsgesellschaft, ist in nur dreieinhalb Monaten durchgepeitscht worden (siehe Grafik). Die Wirtschaftsprüfer hätten gerade 15 - laut BayernLB waren es 19 - Tage in den Datenräumen der Hypo verbringen können.
Die BayernLB hält die Zeit dennoch für ausreichend. In zwei Prüf-Phasen hätten jeweils rund 50 Experten die Hypo unter die Lupe genommen. Auch der Verwaltungsrat - quasi der Aufsichtsrat - sei zweimal mit umfassenden Präsentationen über den Projektverlauf unterrichtet worden.
Tatsächlich weist vieles im Linner-Bericht darauf hin, dass der Kauf nicht die - oft kolportierte - einsame Entscheidung des ehemaligen BayernLB-Chefs Werner Schmidt gewesen sein dürfte. Auch der - unter anderem von hochrangigen Politikern besetzte - Verwaltungsrat hat wohl sein Scherflein beigetragen.
Kärntner drohten mit weiteren Bietern
Verwaltungsrat und Vorstand hätten laut Sitzungsprotokollen gemeinsam festgestellt, dass die BayernLB eine strategische Anreicherung benötige. Außerdem wäre es für den Ruf der Bank erheblich negativ, würde die BayerLB erneut beim Versuch einer Beteiligung nicht zum Zug kommen, zitiert die Wirtschaftsprüferin. Tatsächlich hatte die Landesbank im Jahr 2006 beim Bemühen um die Übernahme der Bawag eine herbe Niederlage einstecken müssen.
Um nicht erneut zu scheitern, war man offenbar sehr daran interessiert, exklusive Verhandlungen mit dem Land Kärnten und der Investorengruppe um den Vermögensverwalter und späteren Hypo-Chef Tilo Berlin zu führen. Ein Auktionsverfahren wollte die BayernLB vermeiden. "Aufgrund der Drohkulisse einer möglichen Öffnung des Verkaufsprozesses" sei allerdings der Verhandlungsspielraum für den Vorstand - bezüglich des Kaufpreises - eingeschränkt gewesen.
Schmidt wird von der bayrischen Justiz vorgeworfen, die Hypo absichtlich um 400 Millionen Euro zu teuer gekauft und damit seinen Arbeitgeber geschädigt zu haben. Schmidt bestreitet dies, es gilt die Unschuldsvermutung.
"Kontrollprämie" für Erwerb der Mehrheit
Linner wirft in der ursprünglichen Fassung ihres Berichts der BayernLB-Führung vor, die Ergebnisse der Due Diligence nicht ausreichend bei der Kaufpreisverhandlung berücksichtigt zu haben. Nach einem eingehenden Gespräch mit dem Verwaltungsrat hat sie ihre Kritik allerdings nachträglich entschärft.
Letztlich haben die Verwaltungsratsmitglieder dem Kauf von 50 Prozent plus einer Aktie an der Hypo zugestimmt, sofern der Gesamtwert des Unternehmens (100 Prozent) nicht höher als 3,4 Milliarden Euro festgelegt wird.
Der endgültige Kaufpreis von 1,625 Milliarden Euro für die Mehrheitsbeteiligung resultiert aus einer Gesamtbewertung von 3,25 Milliarden Euro. Die mit der Due Diligence beauftragten Wirtschaftsprüfer hätten laut Linner nur 2,43 Milliarden Euro als Unternehmenswert angegeben. Laut BayernLB lag die Bandbreite beim reinen Wert der Hypo zwischen 2,6 und 3,1 Milliarden Euro. Dazu sei eben noch eine "Kontrollprämie" gekommen - eine Zusatzzahlung dafür, dass der Käufer künftig im Unternehmen das Sagen hat.
Mittlerweile ist bei der Kärntner Hypo gezwungenermaßen die Republik Österreich am Ruder. Aus der geplanten Hypo-Integration in den BayernLB-Konzern unter dem Titel "Jointly Successful" ("gemeinsam erfolgreich") ist nichts mehr geworden.