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Probephase für die neuen Bonds wird noch heuer eingeleitet.
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Brüssel. Es sind viele Ideen, die in den europäischen Hauptstädten herumschwirren. In Brüssel könnten sie sich in eine dringend benötigte Strategie zur Ankurbelung der Wirtschaft in der Union fügen. Das wäre der Plan. Doch die meisten dieser Überlegungen sind umstritten. Euro-Anleihen lehnen die Deutschen ab, die Besteuerung von Finanztransaktionen kommt für die Briten nicht in Frage, und Regelungen für den eigenen Arbeitsmarkt will sowieso jedes Land für sich selbst festlegen.
Es gibt jedoch zumindest eine Maßnahme, mit der sich die Mitgliedstaaten anfreunden können: Projektanleihen. Damit sollen Infrastrukturvorhaben wie der Bau von Stromnetzen oder Straßen finanziert werden. Investoren soll dies dadurch schmackhaft gemacht werden, dass die EU-Länder ein gemeinsames finanzielles Risiko übernehmen.
Eine erste Vereinbarung dazu haben Vertreter der Staaten, des EU-Parlaments sowie der Europäischen Kommission bereits getroffen. Noch heuer sollen die Projektbonds in ihre Probephase für 2012/2013 treten. Bis 2014 sind rund 230 Millionen Euro aus dem EU-Budget vorgesehen. Die Kommission erhofft sich von der Vervielfachung der Mittel durch Anleger und die Europäische Investitionsbank (EIB) ein Investitionsvolumen in Höhe von 4,6 Milliarden Euro.
Rolle der EU-Bank soll gestärkt werden
Der Investitionsbank soll in der zu findenden Wachstumsstrategie überhaupt eine besondere Rolle zukommen. Zum einen soll die Bank der EU stärker eingebunden werden, wenn es um die Auswahl und Bewertung der Infrastrukturprojekte geht. Zum anderen wird gerade darüber diskutiert, ob das Kapital der EIB aufgestockt werden soll. Die EU-Kommission ging zuletzt von einer Erhöhung um
10 Milliarden Euro aus, womit mehrjährige Kredite im Ausmaß von 60 Milliarden Euro vergeben werden könnten. Das wiederum würde ein Investitionsvolumen in Höhe von 180 Milliarden Euro ergeben.
Über die Summe müssten die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen Ende Juni entscheiden. Mehrere Länder haben bereits signalisiert, dass sie einer Aufstockung der Mittel zustimmen würden. Auch für Ewald Nowotny, Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) und Nationalbankgouverneur in Österreich, ist dies eine "gute Investition". Es wäre ein zusätzlicher Wachstumsanreiz in der Eurozone, erklärte er bei einer Veranstaltung in Wien. Dort findet am heutigen Donnerstag auch eine hochrangig besetzte Konferenz zu dem Thema statt, wie die EIB das Wachstum vor allem in Osteuropa fördern könnte.
EIB-Vizepräsident Wilhelm Molterer warf allerdings schon im Vorfeld die Frage auf, wie dieser Impuls für die EU generell bis Juni vorbereitet werden kann. Immerhin haben die meisten Staaten herbe Sparauflagen zu erfüllen. Vor der Kapitalaufstockung müsste daher geklärt werden, in welche Projekte konkret das Geld fließen soll, meinte Molterer bei einem Gespräch mit Journalisten in Brüssel. Auch auf etwas anderes pocht der Vizepräsident: Die EIB dürfe ihr Triple-A-Rating, also die höchste Bonitätsstufe, nicht verlieren.
Der Bank könnte noch eine andere Aufgabe zukommen. Weil etliche EU-Staaten darauf pochen, das Geld aus den Fördertöpfen der Union gezielter - zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit etwa - einzusetzen, soll es den Ländern erlaubt werden, Mittel aus den Unionsfonds als Sicherheit für Darlehen der EIB zu nutzen. An deren Kapital würden so auch jene Staaten kommen, die sonst an den Märkten schlecht Kredite bekämen.
In den vergangenen Jahren hat es bei der Mittelvergabe durch die EIB jedenfalls keinen Anstieg gegeben. Waren es 2010 an die 79 Milliarden Euro, sank diese Summe im Vorjahr auf 61 Milliarden Euro. Für heuer sind 50 Milliarden Euro geplant. Und der größte Teil davon, nämlich 90 Prozent, bleibe laut Molterer in der EU.