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Pröll: "Alles sehr sophisticated"

Von Matthias Nagl

Politik

Ex-Vizekanzler schweigt zur ÖVP und empfindet neuen Job als Erholung.


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Salzburg. Irgendwann in seinem Streifzug durch sein politisches Leben, sagte Josef Pröll bei einer Diskussion zum Thema "Von großen Koalitionen und der Lage der ÖVP" den Satz: "Es ist alles sehr sophisticated, was wir da diskutieren." Pröll war auf Einladung der Wilfried-Haslauer-Stiftung und seines Arbeitgebers Raiffeisenbank in Salzburg. Der Befund legt frei nach Fred Sinowatz - der Altkanzler prägte vor knapp 30 Jahren den Sager "Es ist alles sehr kompliziert" - den Schluss nahe, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten in der Politik wenig geändert habe, was Pröll aber offensichtlich so nicht meint.

Denn der ehemalige Vizekanzler und ÖVP-Obmann, der vor knapp einem Jahr aus der Politik ausgeschieden ist, ortet eine massive Tempoverschärfung. "Lassen wir uns Zeit", fordert er, "lassen wir der Politik mehr Freiraum." Als Beispiel nennt er seine Rede zum "Projekt Österreich" vom Herbst 2009. Drei Wochen später hätten die Medien gefragt, wo er das umgesetzt habe. "Ich halte das für problematisch", sagte Pröll, "aber ich gebe nicht den Medien die Schuld, sondern dem Tempo, dem die Medien ausgesetzt sind."

Angesichts dessen ist es wenig verwunderlich, dass der 43-Jährige die neun Jahre in der Regierung als intensivste Zeit seines Lebens beschreibt. Sein aktueller Job - Pröll ist Vorstandssprecher des zur Raiffeisen-Gruppe gehörenden Mühlenkonzerns LLI - sei im Vergleich zum Politikerleben Erholung. "Ich wünsche jedem Manager dieses Landes, Politik zu machen. Viel Vergnügen." Die Belastungen und Herausforderungen des Politikerlebens könne niemand beschreiben, "wenn er nicht selbst drinnen war".

Pröll hatte zwar klargemacht, sich nicht zur aktuellen Lage seiner Partei äußern zu wollen. Wenn er den gegenwärtigen Zustand der ÖVP doch streifte, nahm er seine ehemaligen Kollegen in Schutz "Eine Jagdeinladung soll wichtiger sein als die Frage, ob wir vier oder sechs Prozent Arbeitslose haben? Wenn wir so weitermachen, viel Vergnügen", sagte Pröll, der im April voraussichtlich zum niederösterreichischen Landesjägermeister gewählt wird. Zudem sollten sich die anderen Parteien nicht über den Zustand der ÖVP freuen. Das könne morgen schon jemand anderen treffen. Nichtsdestotrotz sprach sich Pröll für ein Mehrheitswahlrecht aus. Denn bei aller Liebe zur Verlangsamung, "es müssen Entscheidungen her".