Seit zwei Jahren an der Parteispitze. | ÖVP-Chef zieht zufrieden Bilanz. | Will Koordination in Partei verbessern. | Wien. 29. Oktober 2008: Nachdem die ÖVP bei der Nationalratswahl tags zuvor desaströse 26 Prozent erreicht hat, tritt Parteichef Wilhelm Molterer, der die Wahl vom Zaun gebrochen hatte, zurück. Ihm folgt mit Josef Pröll einer, den viele als logischen Nachfolger und große schwarze Zukunftshoffnung gesehen haben. Gestern, Mittwoch, jährte sich Prölls Machtübernahme in der ÖVP zum zweiten Mal. Der Blick zurück macht den ÖVP-Chef durchaus zufrieden.
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Damals hätten ihn viele gewarnt, als Juniorpartner in eine große Koalition zu gehen, weil man als Zweiter keine Themen forcieren und nicht gewinnen könne. Sämtliche Wahlen seither hätten das Gegenteil bewiesen, resümierte Pröll am Dienstag vor Journalisten.
Viele relative Siege
So führt der ÖVP-Chef ins Treffen, dass die ÖVP seit 2008 bei sämtlichen Wahlen (sechs Landtags-, vier Gemeinderats- und eine EU-Wahl) besser abgeschnitten habe, als die SPÖ. Dieses bessere Abschneiden relativiert sich allerdings, wenn man bedenkt, dass die ÖVP in fünf von elf Fällen einfach nur weniger verloren hat als die SPÖ.
Letzteres war auch vergangenen Sonntag bei der Steiermark-Wahl der Fall, wo ein ÖVP-Minus von 1,4 Prozentpunkten SPÖ-Verlusten von 3,3 Prozentpunkte gegenüberstanden. Genutzt hat es nichts, die SPÖ bleibt Nummer eins. Als Niederlage will Pröll das zwar nicht werten - in der ÖVP spricht man weiterhin lieber von der unvergleichbaren "Aufholjagd" der steirischen ÖVP -, aber doch als "Enttäuschung, weil es eben so knapp war".
Insgesamt fällt Prölls Rückblick nicht besonders kritisch aus. Was er hätte besser tun können? Höchstens die Koordination zwischen Bundespartei, Ländern und Bünden verbessern - das sei bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise zu kurz gekommen.
Arbeit und Wirtschaft
Zur positiven Bilanz zählen für Pröll neben den Wahlergebnissen auch die personelle Erneuerung der Partei. Das Führungsteam der ÖVP wurde neu aufgestellt, wobei viele zum Zug kamen, die sich in den von Pröll geleiteten Perspektivengruppen einen Namen gemacht haben. Auch fünf von sechs Teilorganisationen seien "grunderneuert" worden, so Pröll.
Inhaltlich erhob Pröll für die ÖVP den "Anspruch, die Partei der arbeitenden Menschen zu sein". Früher sei die Volkspartei für Wirtschaft gestanden, die SPÖ für Arbeit. Heute stehe die ÖVP für Arbeit und Wirtschaft.