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Pröll-Rückzieher: Schade um ein spannendes Hofburg-Duell und ein PR-Desaster für die ÖVP

Von Walter Hämmerle

Analysen

Weil er den Niederösterreichern im Wort sei: So begründete Landeshauptmann Erwin Pröll am Dienstag seinen überraschenden Verzicht auf eine Kandidatur für das höchste Amt im Staat. Nun wird es also nichts mit dem Duell Erwin Pröll gegen Amtsinhaber Heinz Fischer um den Einzug in die Hofburg. Man kann das einigermaßen schade finden, denn unterschiedlicher als der stets polternde, machtbewusste Niederösterreicher und der bedächtige, zur Vorsicht neigende Fischer können zwei Politiker kaum sein. Gemeinsam ist ihnen lediglich, dass beide das politische Spiel in allen Nuancen perfekt beherrschen. Die Bürger hätten eine spannende Wahl gehabt.


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Für die ÖVP kommt der Rückzug Prölls einem mittleren PR-Desaster gleich. Den ganzen Sommer hinweg - angesichts des Wahltermins im kommenden Frühjahr also lange vor der Zeit - hielt das Projekt Bundespräsidentschaft die Partei in Atem, bereiteten ausgewählte Medien die Kandidatur des mächtigen Landeshauptmanns generalstabsmäßig vor, übten sich die schwarzen Granden in solidarischen Unterstützungserklärungen - die jetzt allesamt zu heißer Luft verpuffen.

Was Erwin Pröll wirklich zu seinem Schritt bewegte, bleibt für den Moment im Dunkeln. Er selbst spricht von Verunsicherung, die sich im Land durch die Spekulationen über seinen Abgang nach Wien breit gemacht habe. Dahinter darf getrost die offene Nachfolgefrage für den Chefsessel in Niederösterreich vermutet werden. Pröll hätte zweifellos eine Lücke hinterlassen, die nicht zu füllen gewesen wäre und das Machtgefüge im Land unter der Enns aus dem Gleichgewicht gebracht hätte.

Möglich auch, dass Pröll von der eigenen Courage eingeholt wurde und an seinen Erfolgsaussichten zu zweifeln begonnen hatte. Ein Sieg gegen Heinz Fischer wäre vielleicht möglich, aber keineswegs sicher gewesen. Was aber macht ein gescheiterter Kandidat nach der geschlagenen Bundespräsidentenwahl? Selbst wenn er als Landeshauptmann weitergemacht hätte, wäre wohl nichts mehr so gewesen wie zuvor. Der Nimbus vom starken Mann der ÖVP wäre auf jeden Fall zerstört gewesen. Lädiert ist Prölls Image zwar auch jetzt, bleibt solch ein Rückzug doch nie ohne Spuren, der Schaden aber ist immerhin reparabel.

Nutznießer der neuen Situation ist auf jeden Fall Heinz Fischer. Die Chancen für einen Sieg bei einer Wiederkandidatur des Bundespräsidenten bereits im ersten Wahlgang sind nun auf jeden Fall deutlich gestiegen. Zumal der Wunsch Erwin Prölls nach einem gemeinsamen Kandidaten des bürgerlichen Lagers noch in den Sternen steht. Eine unabhängige Persönlichkeit mit realistischen Siegchancen, hinter der sich ÖVP, FPÖ und BZÖ vereinen, ist derzeit jedenfalls nicht in Sicht. Zudem ist fraglich, ob ein Lagerwahlkampf im Rennen um die Hofburg der aktuellen Interessenlage der Volkspartei unter Josef Pröll entspricht.

Womit wir beim ÖVP-Obmann sind, der als zweiter Profiteur der Entscheidung seines Onkels angesehen werden kann. Viel ist in den letzten Wochen darüber geschrieben worden, wie ein Pröll in der Hofburg die Chancen des Neffen auf das Bundeskanzleramt schmälern würde. Genützt hätte es ihm zweifellos nicht, eher schon das Gegenteil. Von dieser Sorge aber ist Josef Pröll nun befreit.

Jetzt muss er nur noch die Frage einer eigenständigen Hofburg-Kandidatur der ÖVP entscheiden. Hier hat sich die Partei im Vertrauen auf Erwin Pröll bereits weit hinausgelehnt, einen reinen Zählkandidaten aber kann sich die Partei schon aus Imagegründen nicht leisten. Dagegen spräche auch die finanzielle Vernunft. Pröll, der Neffe, ist am Wort, sobald sich Fischer erklärt hat.

Siehe auch:Rückzug im letzten Moment