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Prölls Budgetloch wird größer

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

IHS-Chef Felderer sieht auch neue Prognose skeptisch. | EU-Finanzminister über Fahrplan für Sanierung uneinig. | Göteborg/Wien. Österreichs Budgetdefizit wird 2009 höher ausfallen, als die Regierung veranschlagt hatte: Wie von vielen Experten erwartet musste Finanzminister Josef Pröll die Prognose revidieren. Statt des zuletzt angenommenen Defizits von 3,5 Prozent meldet das Finanzministerium der EU-Kommission einen erwarteten Abgang von 3,9 Prozent.


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Grund ist die schlechtere Konjunkturentwicklung: Die Regierung war bei ihrem Voranschlag im April 2009 noch von einem Minus der Wirtschaftsleistung von "nur" 2,2 Prozent ausgegangen. Nach jüngster Prognose erwarten die Wirtschaftsforscher für das laufende Jahr allerdings ein Schrumpfen um 3,4 (Wifo) oder 3,8 Prozent (IHS).

Die Budgetvorschau auf 2010 bleibe mit 4,7 Prozent Defizit gleich, sagte Pröll bei der Tagung der Euro-Finanzminister im schwedischen Göteborg. Er sprach von einem "durchaus respektablen Ergebnis" - der europäische Durchschnitt liege bei minus 6 Prozent.

IHS-Chef Bernhard Felderer, zugleich Präsident des Staatsschuldenausschusses, ist im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" skeptisch, dass es gelingen wird, diese Zahlen einzuhalten: "Die für heuer genannten 3,9 Prozent Defizit scheinen mir immer noch wenig zu sein. Ich würde mich aber sehr freuen: Es wäre ein Zeichen, dass mit den Ausgaben vorsichtig umgegangen und somit die Sanierungsnotwendigkeit geringer wird." Noch schwieriger werde es sein, die Vorgabe für 2010 einzuhalten.

Scharfe Kritik an den Zahlen übten die Oppositionsparteien: Sowohl FPÖ ("Realitätsverweigerung"), als auch BZÖ ("Schwindelbudget") und Grüne (Budget-Unehrlichkeit") zweifeln, dass der Pfad eingehalten werden kann. Pröll versuche, so zu tun, als sei der Schuldenberg "mit ein paar Verwaltungsreförmchen abzutragen", sagte der Grüne Werner Kogler. Das BZÖ warnt vor einer drohenden "Mittelstandssteuer".

Uneinig über Sanierung

Die tatsächliche Sanierung der Staatshaushalte dürfte frühestens 2011 beginnen: Die Finanzminister der Eurozone konnten sich am Donnerstag nicht auf einen Fahrplan für den Ausstieg aus den Rettungspaketen und für den Abbau der Schuldenberge einigen. Sie wollen die für November geplante neue Konjunkturprognose abwarten. 2010 stehe "jedenfalls noch im Zeichen der Krisenbewältigung", so Pröll. Nicht alle Länder könnten zum gleichen Zeitpunkt mit dem Schuldenabbau beginnen.

Österreichs Staatsschulden werden - gemessen an der Wirtschaftsleistung - 2011 die 80-Prozent-Marke überschreiten, prognostiziert Felderer. Dennoch seien die Krisenmaßnahmen und Rettungspakete richtig gewesen. "Wir hätten sonst eine Krise erlebt, die im negativen Sinn phantastisch gewesen wäre", so der Wirtschaftsforscher: "Auch bei uns hatte sich bereits ein Run auf die Banken abgezeichnet - wenn auch verglichen mit England noch harmlos."

Der schwedische Finanzminister und EU-Ratsvorsitzende Anders Borg rechnet damit, dass bis Jahresende 20 der 27 EU-Staaten über der Maastricht-Grenze von 3 Prozent Budgetdefizit liegen werden.