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Propagandapläne des Pentagons stoßen weltweit auf heftige Kritik

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Washington - Die durch einen Bericht der "New York Times" am Dienstag bekannt gewordenen Pläne des US-Verteidigungsministeriums, notfalls auch mit Falschmeldungen im Ausland eine publizistische Kampagne zu starten, sind weltweit in den wichtigsten Zeitungen auf heftige Kritik gestoßen.


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Während die "New York Times" Mittwoch in einem Kommentar das Office oft Strategic Influence (Amt für strategischen Beeinflussung) - O.S.I. - als "Amt für strategische Verlogenheit" bezeichnete, waren die Titel in zahlreichen europäischen Qualitätsblättern nicht weniger deutlich. "Staatslügen aus den Vereinigten Staaten" titelte die liberale Pariser Tageszeitung "Liberation". "Das Pentagon eröffnet ein ,Lügenbüro' ", hieß es im Mailänder "Corriere della Sera" und "la Repubblica" brachte seinen Bericht unter der Schlagzeile; "Das Pentagon verlangt eine Lizenz zum Lügen". Die angesehene Madrider Zeitung "El Pais" veröffentlichte ihren Bericht unter der Titelzeile "das Pentagon gründet eine Agentur, um die Weltpresse zu ,vergiften' ".

Doch selbst im US-Verteidigungsministerium scheinen sich die Stimmen zu mehren, die die Zielsetzungen der neuen Agentur, die nach den Anschlägen am 11. September gegründet wurde, kritisch hinterfragen. Die "Washington Post" berichtete Mittwoch, dass man im Verteidigungsministerium über die O.S.I.-Strategie völlig gespalten urteilt. Die Pläne seien von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld noch nicht abgesegnet, stellte ein führender Beamter des Ministeriums fest, Vorschläge und Pläne würden erst diskutiert. Der Sprecher fügte aber hinzu, dass schon der Beginn der Diskussion über mögliche Manipulationen der Information im Ministerium weite Besorgnis erregt habe, weil man befürchte, dass das auf die offiziellen Statements des Pentagons negative Auswirkungen haben könnte. Rumsfelds Vorgänger William Cohen warnte eindringlich vor den nun bekannt gewordenen Plänen.

Geplant ist, wie bereits berichtet, im Kampf gegen den Terrorismus auch Falschmeldungen zu lancieren, um Kritiker auf Linie zu bringen. Allerdings sollen diese Meldungen nur im Ausland - in feindlichen, aber auch in befreundeten Ländern - verbreitet werden, nicht jedoch in den USA selbst. Kritiker halten nun fest, dass derart in Umlauf gebrachte Falschmeldungen, die etwa in großen europäischen Blättern verbreitet werden über diesen Umweg sicherlich auch Eingang in die US-Medien finden würden, wie dies in den Siebzigerjahren mit einigen CIA-Desinformationskampagnen geschehen sei.

Die Differenzen innerhalb des Verteidigungsministeriums über die Aufgaben des von Luftwaffengeneral Simon Worden geleiteten O.S.I. ist nach Auffassung der früheren Luftwaffenpressesprecherin Virginia Pribyla Ausdruck einer schon seit Jahre andauernden Auseinandersetzung mit "Informationskriegern", die nichts daran finden zu lügen.